Ambivalenz
Das Leben ist nicht immer geradlinig, manchmal auch kaschiert, doppelgründig, zweischneidig, warm und kalt zugleich. Ambivalenz umschreibt eine Gleichzeitigkeit der begrifflichen Gegensätzlichkeit. Die Übersetzung aus dem Lateinischen ambo=beide= valere gelten zeigt, dass man eigentlich in eine Ableitungsfalle der Logik läuft, denn entweder das Wasser am Quellbach ist kristallklar kalt, oder wärmend. Beides zusammen geht nicht, tertium non datur, sagen uns die Gesetze der Logik. In der Gefühlswelt und in der Psychologie finden aber oftmals solche Gefühlsaufspaltungen zum gleichen Projektionsgegenstand statt, weil die Welt komplex geschaffen ist und nicht monokausal.
Danke an Conny Jenckel für das tolle Bild, dass für mich die Ambivalenz des Lebens ausdrückt.
Ambivalenz und Trauerarbeit
Auch wenn es vielleicht wünschenswert wäre, Klarheit in sich, seine inneren Welten zu bringen, keine Ambivalenzen aushalten zu müssen, so schreibt uns das Leben Ereignisse und Verfangenheiten in das Aufgabenbuch, die wir lösen müssen. Beispielsweise habe ich von vielen Witwen Pflegegeschichten gehört, die sehr berührend sind, weil mit den heutigen Methoden das Siechtum über viele Jahre fortgeschrieben werden kann. Wenn der Tod eintritt könnte man sagen: Was für eine Erlösung, für die Pflegende und den Patienten. Die meisten Witwen haben aber ihr Schicksal gerne getragen und trauern in tiefster Abgründigkeit um den Verlust eines Menschen. Das Ziel von Trauerarbeit ist Perspektivwechsel zu ermöglichen und zumindest aus der monokausalen Einbahnstraßen-Denkerei herauszukommen. Dazu werden verschiedene Reflektionsprozesse anschoben durch Hausaufgaben und Aufgaben, die spontan in Trauergruppen von der Leitung gestellt werden. Die Reflektionslampe erstmal in Aktion zu setzten erfordert oftmals eigene und fremde Kraft.
Ambivalenz im Lebensbezug Arbeit
Ambivalenzen gibt es aber auch in vielen anderen Gedankenteichen. Zum Beispiel wird jeder Mensch Vorteile und Schönheiten seines Arbeitsplatzes feststellen können und das ganze Gegenteil. Um da zu einem Gesamturteil zu kommen bedarf es eines möglichst objektiven Abwägungsprozesses. Mich erinnert das obige Bild auch an die schöne Metapher vom Wolf im Schafspelz. Oftmals gibt es bei guten Schauspielern im Arbeitsleben phänomenologisch Schafe, die in Wirklichkeit Wölfe sind. Das zu erkennen sollte uns mittelfristig nicht schwerfallen.
Ambivalenz in Relation zu anderen Menschen
Ambivalenzen gibt es auch in Bezug auf Menschen. Das erklärt sich schlichtweg dadurch, dass Menschen nicht nur einen Charakter haben, sondern machen auch diverse Eigenschaften in einer äußeren Hülle vereinigen, die man eigentlich gar nicht zusammendenken kann. Ebenso wie in dem geilen Bild ist man geneigt sich an der Schönheit der Wolle zu ergötzen. Wenn man eine Ebenen weiter schaut, denkt und nachforscht erkennt man, dass der Wesensgrund schon gefährlich ist, agressiv,oder gar teuflisch.
Auch in Beziehungen gibt es Ambivalenzen. Um den Plattheiten zu entfliehen, kann man das obige Bild auch umgekehrt denken. Von außen Stacheldraht, innen flauschige Wolle.
Zusammenfassend kann festgestellt werden: Ambivalenzen sind für differenzierte Menschen nichts außergewöhnliches. Sie sind wohl, freiwillig, unfreiwillig Teil des Ganzen, des ganzen Gegenüber-Menschen, des Ganzen Gegenüber-Vereins, des Ganzen-Gegenüber-Settings. Dem entkommt man wohl nur, wenn man einen eindeutig programmierten Roboter hat. Das zeichnet aber keine Lebensbezüge aus. Wir müssen lernen Ambivalenzen zu tragen, oder bei zu großen Disparitäten, zu großen Spalten die aus unserem Leben auszusortieren. Wir müssen unterscheiden zwischen von Außen auf uns geworfene Netze und Begebenheiten, wie den Tod, also nicht selbstbestimmte Zusammenhänge und die der Selbstbestimmung und Selbstverantwortung unterworfenen Lebenszusammenhänge.
Bei Trauer über den Tod geht kann man die ggf vorliegende Ambivalenz nicht qua Knopfdruck beseitigen. Wir müssen uns einem Bewertungs- und Reflektionsprozess stellen
Bei Menschen und Arbeitszusammenhängen mit starken ambivalenten Charakterzügen kann man sich mittelfristig schon trennen. Je größer der Spalt zwischen Akzeptanz und Untragbarkeit ist, desto eher sollte man schauen, dieser Gegensätzlichkeit zu entfliehen. Die Brücke zwischen den Polen muß moralisch, innergesetzlich noch vertretbar und belastungsfähig sein. Ansonsten verbiegt man seine eigene Seele, was zu einem negativen Energiefluss führt, d.h. dem Gefühl des Unglücks.
Discordance wird mit Missklang übersetzt.
wikipedia schreibt:
Unter Ambivalenz (lat. ambo „beide“ und valere „gelten“) wird in der Psychologie, Psychotherapie, Psychiatrie und Psychoanalyse das Nebeneinander von gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken und Aussagen verstanden. In der gehobenen Umgangssprache gebräuchlicher ist das Adjektiv ambivalent (zwiespältig, doppelwertig, mehrdeutig, vielfältig). Der Begriff wurde von Eugen Bleuler (1857–1939) geprägt.[1]
Ambivalenz kann laut Bleuler eingeteilt werden in eine Gleichzeitig von konträren:
- Gefühlen – „affektive Ambivalenz“
- Wünschen – „voluntäre Ambivalenz“ oder Ambitendenz
- Beurteilungen – „intellektuelle Ambivalenz“
Die Begriffe „Ambitendenz“ und „Ambiguität“ werden manchmal gleichbedeutend mit Ambivalenz verwendet.[2]
In der Folge wurde der Begriff durch Freud in die Psychoanalyse übernommen und dort auf mannigfache Weise weiter entwickelt und in der Folge in die Psychologie und die Sozialpsychologie übernommen sowie in der Psychotherapie genutzt.
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