Sandro Botticelli in Berlin
Eine geile Botticelli-Ausstellung wird unsere Seele beflügeln. 40 Originalwerke finden den Weg nach Berlin, ein paar gehören bekanntlich zur ständingen Sammlung von Berlin. Wie es sich für eine große Ausstellung gehört, bei der man nicht wirklich viele Werke versammeln kann, werden die kunstgeschichtlichen Einflüsse des italienischen Renaissance -Künstlers ins Licht der interpretierenden Künstler des 19. und 20 Jahrhunderts gesetzt, die seine Impulse aufgenommen haben. Wie die Kuratoren schreiben, ist Botticelli ein Richtungsweiser, ein grundfestenschaffender Künstler, ein Schöpfer sui generis. Daher lohnt sich ein Besuch ab dem 24.09.2015 am Berliner Tiergarten, genauer Kulturforum auf jeden Fall. Tickets kann man für Zeitfenster, wie wir es aus Berlin schon lange kennen, hier vorab kaufen und erspart sich dadurch unendlich lange Warteschlangen. Hier der Link zu den Tickets.
Ik persönlich finde am spannendsten die Frage, wie es angehen kann, dass so eine Stilikone erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt worden ist. Was war die anderen 300 Jahre passiert?
The Botticelli Renaissance, 24.09. bis 24.01.2016, Gemäldegalerie Staatliche Museen zu Berlin. Hier der Link zur Ausstellung
Venus 1490, Staatliche Gemäldegalerie Berlin
Botticelli , Frankfurt am Main, Städel
hier der Einführungstext der Kuratoren der Gemäldegalerie, ungekürzt:
Der Florentiner Maler Sandro Botticelli (1445-1510) gilt als einer der bedeutendsten Künstler der Renaissance. Seine Gemälde wurden vielfach reproduziert und interpretiert, seine Motive häufig aufgegriffen und verfremdet. Als selbstständige neue Werke gehen sie inzwischen eigene, von den Originalen getrennte, Wege. Sie können so weit von den Bildern Botticellis wegführen, dass der Name des Malers heute beispielsweise für Mode und Lifestyle stehen kann, ohne dass überhaupt von seiner Malerei die Rede ist. Produkte werden nach ihm benannt, Inszenierungen der Populärkultur folgen seinen Mustern, und einzelne seiner Figuren – allen voran die „Venus“ – sind Teil eines universalen Bildgedächtnisses geworden.
Die heutige Berühmtheit Botticellis ist nicht selbstverständlich. Nach seinem Tod zunächst vergessen, wurde er erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt. Die englische Künstlerbewegung der Präraffaeliten und ihre Bewunderung für Botticelli war ein maßgeblicher Faktor für den Beginn dieser faszinierenden Renaissance, die immer mehr Kunstschaffende und ein stetig wachsendes Publikum in ihren Bann zog.
Seither ist Botticellis Werk sehr unterschiedlich interpretiert worden. Aus heutiger Sicht wirft es eine Vielzahl von Fragen auf: Wie erlangte der Maler den Status universaler Berühmtheit? Wie wurde er zur Pop-Ikone? Warum gelten seine Werke als zeitlos und in einer Weise „europäisch“, dass sie sogar auf Euromünzen erscheinen? Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass Botticelli wie kaum ein zweiter Altmeister die Kunst der Moderne und der Gegenwart inspiriert.
Die Ausstellung verfolgt diese bewegte Geschichte der wechselnden Aneignungen und Neubewertungen bis in die Gegenwart. Erstmals wird das Werk Sandro Botticellis – mit mehr als 40 Originalen – in einer Ausstellung in Bezug gesetzt zu seinen Aneignungen und Interpretationen. Insgesamt sind rund 150 Exponate zu sehen, darunter zahlreiche Meisterwerke aus den bedeutenden Sammlungen der Welt, beispielsweise von Edgar Degas, Edward Burne-Jones, Dante Gabriel Rossetti, René Magritte, Andy Warhol, Cindy Sherman und Bill Viola. Neben Gemälden präsentiert die Ausstellung Zeichnungen, Skulpturen, Fotografien, Videos sowie Objekte aus Mode und Design.
wikipedia schreibt zu Sandro Boticelli
Sandro Botticelli (* 1. März 1445 in Florenz; † begraben: 17. Mai 1510 ebenda; eigentlich Alessandro di Mariano Filipepi) war ein italienischer Maler und Zeichner der frühenRenaissance.
Im Geist der Frührenaissance und des Humanismus malte Botticelli, beeinflusst von Filippo Lippi, Masaccio und Antonio Pollaiuolo, religiöse Bilder, Altarbilder sowie Bilder aus dem Themenbereich der griechischen Mythologie und Allegorien mit Gegenwartsbezug. Von herausragender Bedeutung ist seine Porträtkunst, die nachhaltig das Image der Medici und ihrer Parteigänger geprägt hat. Sein Spätwerk trägt emotional expressive Züge mit Rückbezug auf die Gotik. Einige Elemente seiner Malerei wurden später von den Präraffaeliten im 19. Jahrhundert wieder aufgegriffen. Auch der Jugendstil nahm in Linie und Ornament Anleihen von ihm auf.
Ab 1464 wurde er für drei Jahre Schüler der in Prato gelegenen Werkstatt des damals berühmtesten Malers der Stadt Fra Filippo Lippi (1406–1469). Florenz blieb zeit seines Lebens seine geistige Heimat, wo er zunächst durch den in Florentiner Adelskreisen besonders geförderten Humanismus und später durch die Lehren des Bußpredigers und Medici-Gegners Girolamo Savonarola (1452–1498) starke künstlerische Anregungen empfing.
Zwischen 1465 und 1470 fertigte Botticelli eine Reihe von Madonnenbildern an, darunter die Madonna mit Kind und zwei Engeln, gefertigt zwischen 1468 und 1469. In diesen Frühwerken zeigen sich deutlich die Einflüsse seines Lehrmeisters Lippi, aber auch der robustere Stil der beiden damals führenden Maler in Florenz, Antonio Pollaiuolo und Andrea del Verrocchio.
Künstler mit eigener Werkstatt
1470 eröffnete Botticelli seine eigene Werkstatt. Im selben Jahr erhielt er von Tommaso Soderini den Auftrag, ein Bild der Tapferkeit (Fortitudo) zu malen, um damit die Reihe der Tugenden zu komplettieren. Diese Reihe wurde für das Gericht im Palazzo dei Mercanti gefertigt. Wiederholte Kontakte mit den Medici und die besondere Förderung durch Lorenzo de’ Medici gewährten ihm politischen Schutz, sicherten ihm kontinuierliche öffentliche Aufträge für die nächsten 20 Jahre – unter anderem auch durch Lorenzo di Pierfrancesco de‘ Medici – und boten ideale Voraussetzungen für die Schaffung zahlreicher Meisterwerke. Botticelli war als Porträtmaler in seiner Vaterstadt bekannt und beliebt.
Den engen Zusammenhang mit dem humanistischen Gedankengut der Zeit und die schöpferische Phantasie des Künstlers zeigen seine reiferen Meisterwerke nach 1475, insbesondere seine allegorischen Darstellungen Der Frühling, auf dem das Erwachen der Natur durch blumenbekränzte Mädchen in einer paradiesischen Landschaft verkörpert wird, und Die Geburt der Venus, auf dem die aus dem Meeresschaum geborene Liebesgöttin in einer Muschel zur Küste treibt. Wie diese Werke, so verbinden auch die religiösen Bilder des Malers aus dieser Zeit (unter anderem Die Anbetung der Heiligen drei Könige und Die Krönung Mariä) dieses zeitgenössische Gedankengut mit älteren, der Gotik nachempfundenen Bildvorstellungen.
Die überschlanken Figuren und Glieder seiner Frauengestalten, deren blasse, schwermütige Gesichter von reichem Goldhaar umflossen werden, zeigen in nervöser Zartheit diese Nachklänge der Gotik, auch in der Ausgewogenheit des Bildaufbaus. Diesen für Botticelli typischen wiederkehrenden weiblichen Gesichtsausdruck auf Madonnen-, Porträt- und allegorischen Darstellungen, wie er im „Weiblichen Idealbildnis“ (Städel, Frankfurt am Main) realisiert ist, haben einige Kunsthistoriker wiederholt mit den Zügen der 1476 jung verstorbenen Simonetta Vespucci in Verbindung gebracht. Diese Theorie, die Ernst Gombrich verworfen hatte, fand in der ersten umfassenden Botticelli-Retrospektive in Deutschland (Städel) 2009/2010 eine Wiederbelebung.
Zwischen 1481 und 1482 wurde Botticelli gemeinsam mit anderen Künstlern von Papst Sixtus IV. nach Rom berufen, um die neu errichtete Sixtinische Kapelle mit großen Wandgemälden, welche Ereignisse aus dem Leben Jesu und des Moses darstellen, sowie mit Porträts früherer Päpste zu schmücken.
Rückzug von der Malerei
Der Tod von Lorenzo de’ Medici im Jahr 1492 bedeutete vorerst das Ende der glänzenden Epoche florentinischer Kunst und den Beginn von sozialen und religiösen Unruhen, besonders nach der Vertreibung der Medici 1494, als Savonarola bis zu seiner Hinrichtung 1498 seinen Gottesstaat in Florenz errichtete. Unter seinem Einfluss, so erzählt es Vasari in seinen vite, habe sich Botticelli nur noch religiösen Themen gewidmet und das Malen gänzlich vernachlässigt. Dass Botticelli wie sein Bruder Simone zu den Anhängern Savonarolas gezählt habe, ist, wie es die neue Botticelli-Forschung herausgearbeitet hat, allerdings sehr zweifelhaft.[2] Weder hat Botticelli die Petition an den Papst wegen einer Begnadigung des Dominikanermönchs unterzeichnet, noch hat die Botticelli-Werkstatt die Arbeit eingestellt. Berühmt wurden seine in dieser Zeit entstandenen 94 Federzeichnungen zur Göttlichen Komödie des Dante Alighieri.