aa -Tagesimpulse wir trauern um....

Harry Rowohlt verstorben 2015

der hochberühmte Wortkünstler, und Übersetzer von englischen Büchern Harry Rowohlt ist im Sommer 2015 verstorben. In einem langen Radio-Feature vor ein paar Jahren hörte ich genüsslich seine Einschätzung bezgl der Ideen der Verlages, seine Texte umzuredigieren. „Sehr geehrte … Ihre 300 Anmerkungen finde ich interessant, aber nicht akzeptabel, weil ich mir mit extrem viel Zeit die „Wort-Verdingungs-Gelage“ so zurecht gebogen habe. Ich denke es trifft die gedankliche Welle des Ursprungsautors am Besten. Daher kann ich leider nur eine Anmerkung akzeptieren und den Rest mit aller Schärfe zurückweisen. Meine Wortwaage ist auf Feinunzen des Wortes geeichet. Vertrauen sie einfach meinem Wortgefühl und Intellekt und Sprachfähigkeit in der Übersetzung ein neu- angemessenes Kunstwerk zu schaffen“. Der Verlag knickte ein und so wurden die Gedankenwiesen von Harry Rowohlt eins-zu-eins gedruckt.

Wir brauchen viel mehr solche uniquen Gedankenfürsten mit Ecken und Kanten. Stromlinienförmige Fachidioten werden unser Land der Dichter und Denker nicht wirklich weiterbringen. Zumindest in künstlerischer Hinsicht. Natürlich wollen wir auch gleichzeit Weltwirtschaftsführungsnation bleiben und das schafft man nur durch die gerade genannten Spezialisten, Ingenieure, Informatiker und schwäbischen Tüftler.  Jedem nach seiner Facon, aber alle für einen und, oder einer für alle.

70 Jahre durfte er nur werden, aber ein angepasstes , gesundheitsorientiertes Leben zu führen hat ihn nie interessiert. Ein glückliches Leben zu führen ist genau so wichtig. Für Harry Rowohlt war es sogar wichtiger sich seinen Süchten, Whiskey, hinzugeben, als den Gesundheitsaposteln zu folgen, die er vermutlich verachtete. Wir enthalten uns jeglicher moralischer Implikation und Wertung.

harry_rowohlt_galery Harry Rowoldt 2

hier ein Auszug aus dem online-Nachruf in der ZEIT:  (merke wohl, online-Redakteure sind keine Redakteure der ZEIT Print-Redaktion)

Hier der Link:

„Ostzonen-Arschloch

Harry Rowohlt hat seine Berühmtheit genutzt, um eine Lanze zu brechen für „seine“ Literaten und Hausheiligen. Er blieb bei aller Eitelkeit und Rampensau-Attitüde immer auch ein passionierter Leser und Fan. Und er war ein loyaler Freund und Genosse („Mein Arbeitsplatz, mein Kampfplatz für den Frieden!“ unterschrieb er seine Briefe mitunter), der fuchsteufelswild werden konnte, wenn seinen Leuten Unrecht widerfuhr. So beschimpfte er Fritz J. Raddatz in einem offenen Brief als „dummes, unberatenes, abgebrochenes Ostzonen-Arschloch“, weil dieser Robert Gernhardt in einer Kritik als „Mogelpackung“ geschmäht hatte. 

Richtig in Stimmung, verfolgte er infame Kritiker auch schon mal mit wütenden spätabendlichen Telefonanrufen. Er war nie der angepasste Schaugeschäft-Profi, der um jeden Preis die Spielregeln einhielt. Hier zeigt sich vor allem eins: Haltung. Eine Haltung, die man sich erst mal leisten können muss, die sich Harry Rowohlt aber allemal geleistet hat. „Wenn Sie glauben, ich würde mich bei einer Weihnachtsfeier der Firma McKinsey gegen Geld zum Affen machen wollen“, beantwortet er eine entsprechende Anfrage, „habe ich in meinem Leben gründlich etwas falsch gemacht. Die Firma McKinsey möge sich bitte freundlichst und gründlichst gehackt legen.“

Harry Rowohlt ist gestorben. Er fehlt jetzt schon.“  ZEIT online, vom 17.06.2015

About the author

Giovanni

Giovanni ist studierter Jurist und Philosoph als Marketingleiter bei einem Mittelständler unterwegs, Geschäftsführer einer Agentur, ehrenamtlicher Sterbebegleiter, zertifizierter Trauerbegleiter, Beirat ITA Institut für Trauerarbeit, Mitgliedschaften: Marketing Club Hamburg, Büchergilde Hamburg, Förderverein Palliativstation UKE, ITA, Kaifu Lodge, Kaifu-Ritter