Wir trauern um einen der profiliertesten Politiker aus der Bonner Politiker Welt
Heiner Geißler ist im Alter von 87 Jahren verstorben
Die ZEIT online schreibt in ihrem Nachruf: ..einen brillanten und streitbaren Menschen erinnert. Doch der Vollblutpolitiker aus Oberndorf am Neckar hat sich in seiner langen politischen Laufbahn auch viele Feinde gemacht. Sie kommen, und das hebt Geißler aus der Masse stromlinienförmiger Figuren der Öffentlichkeit hervor, aus gegensätzlichen Lagern. War er als aktiver Politiker vor allem von links umstritten bis verhasst, so schüttelten später die Konservativen den Kopf über ihn. Denn Heiner Geißler war mit dem Alter immer progressiver geworden. Hier kommst du zu dem Nachruf der ZEIT
Ich habe Heiner Geißler in meiner Jugend erlebt als einen pointierten Querdenker, der sein Querdenkertum nie angepasst hat an die offizielle Parteilinie und deswegen auch nicht wie ein Machtklotz 20 Jahren ein Ministeramt inne hatte, sondern von dem größten Klotz der Geschichte kalt gestellt wurde. Die Partei CDU hat ihn dennoch immer sehr geschätzt als wichtigen Denker. Dr. iur. Geißler war im Hauptberuf eigentlich Jurist und hätte die Juristen-Karriere einschlagen können. Richter war er schon in Stuttgart. Aber er hat seine Hochintelligenz genutzt, um die Politik der Bonner Jahre aufzumischen. Sich sozusagen für die Veränderung der Gesellschaft hingegeben. Im Bundestag im 20. Jahrhundert hat er Sätze eingebracht, die in ihrer Strahlkraft immer noch einen Bedeutungsgehalt haben:
„Ohne die Pazifismus der Weimarer Republik wäre Ausschwitz, link, nicht möglich gewesen.“
Natürlich ist er auch nicht mit Samthandschuhen mit dem politischen Gegner umgegangen. Aber das Politik ein schmutziges Geschäft ist, gilt schon seit 3000 Jahren. H. Kohl hat Geißler 1977 als Generalsekretär in die Parteizentrale aufsteigen lassen. Gewichtige Ministerämter wurden an ihn aber nicht verteilt. Er war ein paar Jahre Familienminister, was aber seiner Wirk- und Gestaltungskraft in der Deutschen Politik der BRD keinerlei Abbruch bescherte. Heiner Geißler war von 1965 bis 2002 durchgehend als Bundestagsabgeordneter präsent – fast 40 Jahre. Geißler war Machtmanager und hat in den 80er Jahren die Wahlkampf_Maschine der CDU verantwortet, seiner politischen Hochzeit. Kohl hat ihn kalt gestellt, als er Kanzler wurde. Irgendwie auch eine Megaungerechtigkeit der Geschichte, aber in der Politik ist Gerechtigkeit kein Maßstab. Die FAZ schreibt ihn ihrem Nachruf, dass Geißler seit seiner Berufung zum Generalsekretär ein eigenes Machtgefüge aufgebaut hat, mit vielen Mitarbeitern, die für den politischen Kampf eingestellt worden sind. On the long run war das Streben erfolgreich, denn schon 1982 wurde der SPD Bundeskanzler durch ein illegales nicht verfassungskonformes „konstruktives Mißtrauensvotum“ gestützt. Auf der einen Seite war die CDU durch Geißler gut aufgestellt, auf der anderen Seite hat die SPD die Zeichen der Zeit nicht erkannt, die Friedensbewegung dramatisch unterschätzt und den Rückhalt in der Partei nicht bekommen. So ist das Wechselluder Genscher 1982 schnell von dem einem Macht-Geber SPD, zum nächsten Macht-Geber CDU gewechselt. Genschers Außenpolitik, die weltweit anerkannt war, konnte so einfach fortgeführt werden, ohne dass jemand etwas gemerkt hat. Insgesamt hat die CDU mit der FDP dann ja auch den Zusammenbruch der DDR gut aufgefangen und die DDR in Deutschland integriert, bzw. aufgenommen, auch mit der Gedanken- und Gestaltungskraft von Heiner Geißler.
Bildrechte Wiki Geißler 2007: Von Inforadio – Selbst fotografiert, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12240257
Geißler als Kapitalismuskritiker im 21. Jahrhundert
In seiner Zeit als Rentner hat Geißler nicht nur positiv gewirkt als Schlichter, sondern ist auch der linken Kapitalismusorganisation ATTAC beigetreten. Diese massive Linkswendung passt natürlich nicht in der Bild der CDU, die ihn aber trotzdem nicht rausgeschmissen hat, weil solche Querdenkerköpfe wichtige Aushängeschilder sind und man so tun kann, als ob Meinungsfreiheit in der Partei als innerdemokratischer Meinungsbildungsprozess eine Gewichtung hätte.
Wiki schreibt:
Mitgliedschaft in der „Attac“ und Kritik am „Marktradikalismus“
Später vertrat Geißler besonders in wirtschaftspolitischen Fragen zunehmend linke Positionen. Von ihm kritisierte Positionen bezeichnete er teilweise als „ultrakonservativ“, „turbokapitalistisch“, „neoliberal“, „rückwärtsgewandt“ oder „von gestern“. Basierend auf seiner Kritik erklärte er in einem Interview mit Spiegel Online im Mai 2007 seinen Beitritt zur globalisierungskritischenOrganisation Attac. Er erklärte dies mit der von „Attac“ angestrebten Humanisierung des Globalisierungsprozesses, die er ideell unterstützen wolle.[17]
„Das gegenwärtige Wirtschaftssystem ist nicht konsensfähig und zutiefst undemokratisch, es muss ersetzt werden durch eine neue Wirtschaftsordnung.“
Heiner Geißler als Buchautor
Alle noch zu kaufenden Bücher kannst du auf der Website von Heiner Geißler zusammengefaßt finden, link.
„Ou Topos: Suche nach dem Ort, den es geben müsste“
Kiepenheuer&Witsch (22. Mai 2009) – 18,99. Als günstiges Taschenbuch für 9,99 € Bestelllink AMAZON
Utopia, von griechisch Ou topos – der Ort, den es (noch) nicht gibt, den es aber geben müsste?
Das Glück auf der Erde zu finden ist der Wunsch der meisten Menschen. Aber was Einzelnen gelingt, nämlich ihr Glück zu finden in der Liebe oder durch Entsagung, scheint für die ganze Menschheit unerreichbar zu sein.Alle Versuche sind gescheitert – von Spartakus über die römische Inquisition bis hin zu Kapitalismus und Kommunismus. Niemandem gelang es bisher, den immerwährenden Platz an der Sonne, das Elysium, zu garantieren, auch nicht Religionen, esoterischen Heilslehren und Ideologien. Viele haben daher das Paradies ins Jenseits verschoben; haben sie die Menschen in Glück und Unglück allein gelassen? In seinem faszinierenden Buch – gleichermaßen Essay wie Autobiographie – erweist sich Heiner Geißler als einer der aufregendsten Denker im heutigen Deutschland. Gestützt auf grundlegende Einsichten von Philosophie, Theologie und Geschichte und auf eigene Erfahrungen, beschreibt er die Wege und die Suche nach einer vollendeten Welt, auch in Wirtschaft und Politik, erzählt, wovon er und andere träumen, und schildert ihre Chancen für ein glücklicheres und besseres Leben.
Heiner Geißler über die Suche nach dem Glück: wonach sich Menschen sehnen, denn viele haben das Paradies ins Jenseits verschoben; haben sie die Menschen in Glück und Unglück allein gelassen? In seinem faszinierenden Buch – gleichermaßen Essay wie Autobiographie – erweist sich Heiner Geißler als einer der aufregendsten Denker im heutigen Deutschland.
Kann man noch Christ sein, wenn man an Gott zweifeln muss?
Taschenbuch – Ullstein Verlag 10. März 2017 – link zu Amazon, 7 €
Heiner Geißer als Christ
Dass die Christlichen Einschätzungen von Heiner Geißler bei den Kirchenfürsten nicht immer auf fachliches Wohlwollen stießen, zeigt ein Artikel des Hamburger Abendblatts aus 2015, indem ein Streit zwischen dem hamburger Theologen Hinrich Claussen aufgezeigt wird, der die Frechheit besessen hat, die Religions-Gedanken von Geißler als „angelesenes Instantwissen“ zu brandmarken. Claussen hat einen Verriß des Geißler Buches geschrieben. Hier dem Link folgen. Natürlich will Geißler kein wissenschaftlicher Christ sein, sondern christlicher Politiker. Insofern tut man dem armen Geißler unrecht, denn immerhin ist er auf ein sehr strenges Jesuiten-Internat gegangen. Den Weg zu Gott auch jeder selbst zu suchen, und Geißer vertritt seine sehr individuelle Meinung, die aber auch sehr speziell sein kann. Ein Gedanke von ihm heißt “ Luther steht Gott im Weg“. Danke lieber Herr Katholik. Vielleicht könnte man in heutiger Zeit des Multipluralismus mehrere Wege zu Gott zulassen und nicht nur die Katholiken highlighten???
Die Zeit zitieren wir nochmal zum Abschluß: „Nach all den Narben, die er seinen politischen Gegnern beigebracht hatte, ist Heiner Geißler im Spätherbst seines Lebens noch zu einer ausgleichenden Figur des öffentlichen Lebens geworden.“
Politische Weggefährten von Heiner Geißler
1. Bundeskanzler Helmut Schmidt verstarb 2015, link
2. Bundesaußenminister Genscher, verstarb 2016, link.
3. Bundeskanzler H. Kohl verstarb im Sommer 2017, link.
4. Norbert Blüm lebt noch, link.