Moral – der Kategorischer Imperativ
Im heutigen Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland findet sich diese auch Goldene Regel genannte Moralanweisung in Art 2 GG.
Immerhin wenn man Fotos aus der Presse sieht, fragt man sich, ob Werte von Sitte und Moral noch Geltung haben. siehe Foto einer US Amerikanischen „Gesangs-Künstlerin“. Aber wahrscheinlich ging es bei der Preisverleihung gar nicht um die beste Musik, sondern um den hüllenlosesten Auftritt.
Untenstehendes Bild auf Pixabay gefunden, erstellt von Johnnhain zeigt viele interessante Moral-Aspekte:
Charakter, Intellekt, Freundschaft, Prinzipien, Werte, Führungsqualität, Verantwortung, Wachstum
Wenn man die spiessigen Moralvorstellungen über Bord werfe, dann können wir Sommer ganz auf Kleidung verzichten. Das halte ich nicht wirklich für einen moralischen und wünschenswerten Zustand.
wikipedia schreibt dazu sehr ausführlich über den Moralbegriff nach Kants Kategorischen Imperativ:
Der kategorische Imperativ (im Folgenden kurz KI) lautet in seiner Grundform: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Er ist im System Immanuel Kants das grundlegende Prinzip der Ethik. Er gebietet allen endlichen vernunftbegabten Wesen und damit allen Menschen, ihre Handlungen darauf zu prüfen, ob sie einer für alle, jederzeit und ohne Ausnahme geltendenMaxime folgen und ob dabei das Recht aller betroffenen Menschen, auch als Selbstzweck, also nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt zu werden, berücksichtigt wird. Der Begriff wird in Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (GMS) vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft (KpV) ausführlich entwickelt.
Kant beansprucht in der GMS, dass „der bloße Begriff eines kategorischen Imperativs auch die Formel desselben an die Hand gebe“ (Immanuel Kant: AA IV, 420[1]). Diese Form ist diejenige der Allgemeinheit. Der Inhalt des KI ist daher nur durch diese Form bestimmt. Dem entspricht, dass die Geltung des KI insofern universell ist, als sie keine konkreten Bedingungen voraussetzt (etwa spezifische Interessen, spezifische Fakten über die Welt o. Ä.):
„… da der Imperativ außer dem Gesetze nur die Notwendigkeit der Maxime enthält, diesem Gesetze gemäß zu sein, das Gesetz aber keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt war, so bleibt nichts als die Allgemeinheit eines Gesetzes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein der Imperativ eigentlich als notwendig vorstellt.“
Der KI gilt für endliche Vernunftwesen per se und ist daher auch insofern allgemein, als er alle Menschen unter allen Bedingungen in die Pflicht nimmt, bzw. die universelle Form der Pflicht überhaupt beschreibt. Dies wird unter anderem in der folgenden Formel des kategorischen Imperativs deutlich:
„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
„Formeln“
Im zweiten Abschnitt der GMS werden unterschiedliche Formeln des KI entwickelt. Die genaue Formulierung ist ebenfalls verschieden, zumal wenn man zusätzlich zur GMS noch die Kritik der praktischen Vernunft hinzunimmt. Man sortiert diese Formulierungen üblicherweise[4] wie folgt:
Universalisierungsformel | Selbstzweckformel | ||||||
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Naturgesetzformel | Reich-der-Zwecke-Formel | ||||||
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Die Universalisierungsformel erläutert Kant unter anderem so: „Autonomie, d. i. die Tauglichkeit der Maxime eines jeden guten Willens, sich selbst zum allgemeinen Gesetze zu machen, ist selbst das alleinige Gesetz, das sich der Wille eines jeden vernünftigen Wesens selbst auferlegt“ (Immanuel Kant: AA IV, 444[14]). Der Zusammenhang der Formeln ist nicht abschließend geklärt. Diese Frage stellt eines der häufigst diskutierten Probleme der Kantinterpretation dar.
Anwendung
Der kategorische Imperativ ist nach Kant keine inhaltliche Norm, sondern das einzige Handlungs- und Normenprüfkriterium. Wer wissen will, ob eine beabsichtigte, ausgeführt werdende oder schon geschehene Handlung moralisch richtig ist, muss die jeweilige Handlungsbeschreibung durch Abstraktion von den involvierten Personen in eine allgemeine Regel verwandeln und dann beurteilen, ob er diese Regel als allgemeines Gesetz ohne Widerspruch denken und wollen kann. Unmoralische Handlungen erkennt man so an einer Form von Widersprüchlichkeit.
Die genaue Form der Widersprüchlichkeit, die Kant meinte, ist umstritten. Christoph Horn, Corinna Mieth und Nico Scarano stellen in einem Kommentar zur Grundlegung zur Metaphysik der Sitten folgende fünf Interpretationen vor [15]
- Die logische Interpretation
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- Die streng logische bzw. begriffsanalytische Interpretation: Eine Maxime ist genau dann verboten, wenn sie in sich selbst zu einem Widerspruch führt. So darf ein Versprechen nicht in der Absicht, es zu brechen, gegeben werden, weil in dem Begriff des Versprechens bereits die Absicht, es zu halten, impliziert ist.
- Die allgemeine logische Interpretation: Eine Maxime ist genau dann verboten, wenn sie in einer Welt, in der die Maxime allgemein befolgt würde, ihren Zweck nicht mehr erfüllen würde. Ein falsches Versprechen wäre also verboten, weil niemand mehr einem Versprechen glauben würde, wenn jeder falsche Versprechen geben würde, es also dann keinen Sinn mehr ergebe, überhaupt ein Versprechen zu geben.
- Die transzendentalpragmatische Interpretation
- Eine Maxime ist genau dann verboten, wenn sie selbst oder ihre Verallgemeinerung zu den notwendigen Voraussetzungen ihrer Aufstellung widersprüchlich ist. Es wäre zum Beispiel verboten, zu stehlen, um Eigentum zu erlangen, weil das allgemeine Anerkennen und Respektieren meines Eigentums Voraussetzung zur Aufstellung der Maxime ist. Verallgemeinert, also wenn jeder so handeln würde, würde aber genau diese Voraussetzung nicht mehr zutreffen.
- Die konsequentialistische Interpretation
- Eine Maxime ist genau dann verboten, wenn ich die empirischen Folgen, die sie als allgemeine Praxis hätte, nicht wollen kann. Ein Verbot des falschen Versprechens wäre also deshalb gegeben, weil ich in einer Welt, in der das allgemeine Praxis wäre, niemandem mehr trauen könnte.
- Die teleologische Interpretation
- Eine Maxime ist genau dann verboten, wenn sie zu den in der Natur (des Menschens) enthaltenen Zwecken widersprüchlich ist. Beispielsweise darf man sich nicht im Sinne von Leidvermeidung aus Selbstliebe umbringen, da mir die Selbstliebe ebenso gebietet, mein Leben zu erhalten.
- Die rational-agency Interpretation
- Nach diesem Ansatz ist die rationale Handlungsfähigkeit bzw. der gute, d. h. durch Vernunft bestimmte, Wille das höchste und einzige moralische Gut der kantischen Ethik. Maximen, die im Widerspruch zu diesem Gut stehen, sind unmoralisch. Es wäre nach diesem Ansatz beispielsweise verboten, einem Notleidenden nicht zu helfen, da „notleidend“ nichts anderes heißt als aus eigener Kraft über keine vernünftige (= die Situation verbessernde) Handlungsalternative zu verfügen. Es ist also geboten, dem Notleidenden zu helfen, um seine vernünftige Handlungsfähigkeit zu gewährleisten.
Alle diese Interpretationen sind nicht unproblematisch, da sie zu verschiedenen Widersprüchen mit Kants Beispielen der Anwendung des kategorischen Imperativs führen. Umstritten ist auch, wie aus dem kategorischen Imperative nicht nur Verbote, sondern auch Gebote herzuleiten sind, denn die bloße Widerspruchslosigkeit zum Kategorischen Imperativ trifft auch auf moralisch indifferente Handlungen zu. Üblicherweise wird argumentiert, dass die gegenteilige Maxime widersprüchlich sein muss, damit die ursprüngliche Maxime als moralisches Gebot gilt. Wie genau das Gegenteil der Maxime zu bestimmen, etwa ob ein konträres oder ein komplementäres Gegenteil gemeint ist, ist auch umstritten.
Im Gegensatz zum Regel-Utilitarismus, bei dem Handlungsregeln nur nach dem Nutzen bewertet werden, den sie hervorbringen, und im Gegensatz zum Handlungs-Konsequentialismus, der Handlungen nur nach ihren Folgen bewertet, ist der kategorische Imperativ deontologisch. Es wird eben nicht bewertet, was die Handlung bewirkt, sondern wie die Absicht beschaffen ist. Wenn der Wille gut ist, dann ist auch die Handlung moralisch gerechtfertigt. Der Wille zum Guten allein ist das, was moralisch gut ist.
Menschlicher Wille
Nach Kant ist der Mensch ein vernünftiges Wesen und steht dementsprechend immer schon unter einem allgemeinen Gesetz. Die Frage ist jedoch, warum der Mensch sich dennoch nicht den Vorgaben des Gesetzes gemäß verhält, sondern vielmehr pflicht- und vernunftwidrig.
Die Antwort hierauf ergibt sich aus der spezifischen Konstitution des menschlichen Willens. Dieser wird von Kant als „das Vermögen, nach der Vorstellung der Gesetze, das ist nach Prinzipien zu handeln“ (Immanuel Kant: AA IV, 412[16]) definiert. Hätte die Vernunft das Vermögen, den Willen vollständig zu bestimmen, das heißt wäre sie alleiniger Ursprung der Prinzipien, nach welchen sich der Wille bestimmt, wie es für reine Vernunftwesen gilt, so wäre das von der Vernunft objektiv (für alle vernünftigen Wesen notwendige) für moralisch gut Erkannte auch das, was jedes Vernunftwesen subjektiv für sich als moralisch gut erkennen und auch wollen würde. Der Mensch jedoch schöpft die Bestimmungsprinzipien seines Willens nicht allein aus Vernunft, er ist kein rein vernünftiges Wesen, sondern ein teilvernünftiges, ein mit einem sinnlich-affizierten Willen ausgestattetes partielles Vernunftwesen. Das, was außer der Vernunft noch seinen Willen bestimmt, sind nach Kant die Neigungen, Komponenten unserer sinnlichen Veranlagung, die auf dem „Gefühl der Lust und Unlust beruhen“ (Immanuel Kant: AA IV, 427[17]).
Aus dieser Diskrepanz zwischen subjektivem Wollen und objektivem Vernunftgesetz wird der Mensch zum Adressaten einer Nötigung, durch welche die Anerkennung und Beachtung der absoluten Verbindlichkeit objektiver Vernunftprinzipien und deren Priorität vor allen neigungsabhängigen Bestimmungen vom Subjekt eingefordert wird. Das, worin die Nötigung zum Ausdruck kommt, quasi ihr Transportmittel, ist der Imperativ. Imperative drücken immer ein Sollen aus und bringen appellativ zum Ausdruck, „daß etwas zu thun oder zu unterlassen gut sein würde“ (Immanuel Kant: AA IV, 413[18]).
Kants Pflichtbegriff
Kant definiert den Begriff der Pflicht folgendermaßen: „Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz“ (Immanuel Kant: AA IV, 400[19]). Die Vernunft ermöglicht uns, das Sittengesetz zu erkennen. Eine Handlung aus Pflicht ist also eine Handlung aus Achtung für das Gesetz. Pflicht soll das Motiv für das Handeln sein, nicht Freude, Abwendung von Übel oder Ähnliches. Wem das Gewissen gebietet, auf eine bestimmte Weise zu handeln, der hat auch die Pflicht, so zu handeln. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass der Mensch nicht nur pflichtgemäß (nach Pflicht), sondern durch die Achtung vor dem Gesetz motiviert (aus Pflicht) handeln soll. Jede Handlung aus Pflicht ist pflichtgemäß, aber nicht jede pflichtgemäße Handlung erfolgt aus Pflicht. Eine lediglich pflichtgemäße Handlung, die nicht aus Achtung vor dem Gesetz, sondern aus Neigung oder aus rationalem Kalkül geschieht, hat keinen positiven moralischen Wert. Obwohl sich die sichtbare Handlung aus Pflicht von der nur pflichtgemäßen nicht unterscheidet, ist es der Beweggrund, der den moralischen Wert ausmacht.
Hypothetischer Imperativ
Kant ist der Meinung, dass der gute Wille das einzig absolut Gute ist. Begabung, Charakter oder günstige Umstände können auch zu schlechten Zwecken verwendet werden, aber der gute Wille ist an sich positiv zu bewerten und daher das höchste Gut. Die Konstruktion eines Ideals des guten Willens ist Voraussetzung für seine Ethik. Sein Ausgangspunkt ist, dass eine Handlung durch praktische Vernunft bedingt sei. Weiter seien die Faktoren, welche das Handeln bedingen, keine Naturgesetze, sondern praktische (d. h. durch den Willen als möglich vorstellbare) Grundsätze:
- Maximen (subjektive Grundsätze): selbstgesetzte Handlungsregeln, die ein Wollen ausdrücken
- Imperative (objektive Grundsätze): durch praktische Vernunft bestimmt; Ratschläge, moralisch relevante Grundsätze. („das Gesetz aber ist das objektive Prinzip, gültig für jedes vernünftige Wesen, und der Grundsatz, nach dem es handeln soll, d. i. ein Imperativ.“)
Bei Kant gibt es noch weitere Imperative, die aber nicht kategorisch sind, die so genannten hypothetischen Imperative. Diese funktionieren nach dem Prinzip: „wer den Zweck will, der will auch das zugehörige Mittel, diesen Zweck zu erreichen“. Hypothetische Imperative können allerdings seiner Meinung nach nicht als Grundlage einer moralischen Handlung dienen. Der hypothetische Imperativ verfolgt einen bestimmten Zweck und stellt eine Mittel-Zweck-Relation her. Ein hypothetischer Imperativ ist demnach lediglich eine Vorschrift, in der ein Ziel und die dazu notwendigen Mittel bestimmt werden. Darum gilt er auch nur bezogen auf das bestimmte Ziel, nicht immer und überall und für jeden, also nicht kategorisch („Lerne, damit du später einen Arbeitsplatz bekommst!“). Damit kann der hypothetisch gebietende Imperativ nicht als allgemeines Gesetz angenommen werden, da bei diesen Imperativen der Wille nicht sich selbst eine Pflicht auferlegt, sondern bezogen auf Externa Mittel zu einem Zweck verfolgt. Weil man nicht wissen kann, ob man sich die angestrebten Zwecke selbst gesetzt hat, oder ob sie von außen auferlegt wurden, kann der Wille, der nach hypothetischen Imperativen bestimmt ist, nicht frei sein. Weil er nicht frei sein kann, kann daraus kein moralischer Wert erwachsen. Im Gegensatz dazu unterwirft der kategorische Imperativ das Handeln formal einem allgemein gültigen Gesetz ohne Rücksicht auf einen bestimmten externen Zweck. Es gibt laut Kant nur einen einzigen kategorischen Imperativ, nach dem man handeln soll, das ist der bekannte Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, von der du wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde!“. „Du sollst lernen!“ ist kein(!) kategorischer Imperativ, weil die mögliche Absicht (das, was durch das Lernen erreicht werden soll) nicht bei jedem Menschen vorauszusetzen ist und weil man sich die Pflicht des Lernens nicht selbst auferlegt hat (sondern die Strukturen, die vermitteln, dass man ohne Lernen keinen Arbeitsplatz bekommt). Also ist „Du sollst lernen!“ auch nur ein hypothetischer Imperativ, auch wenn er der äußeren Form nach wie ein kategorischer aussieht – er hat keinen moralischen Wert und die darauf folgende Handlung ist moral-neutral.
Vernunftwesen
Der Inhalt des kategorischen Imperativs (als Grundprinzip der Moral) lässt sich, laut Kant, allein aus der Vernunft herleiten. Der Mensch ist zwar vernunftbegabt, aber nicht allein durch Vernunft motiviert. Diese Möglichkeit der Zuwiderhandlung gegen die Vernunft macht das objektive moralische Prinzip zu einem kategorischen Imperativ, also zu einem allgemein gültigen Prinzip der Sittlichkeit.
Die Vernunft ist nicht gebunden an körperliche oder geistige Unterschiede, die zwischen den Menschen (oder zu irgendwelchen anderen vernunftbegabten Wesen) bestehen. Obschon Kant nicht behauptet, dass es außer den Menschen noch andere vernunftbegabte Wesen gäbe, ließen sich doch rein vernunftgeleitete Wesen vorstellen (wobei der Mensch ein solches gerade nicht ist, da er auch durch Neigungen und dergleichen geleitet ist).
Da der Inhalt des kategorischen Imperativs (das objektive moralische Prinzip) sich aus der Vernunft ergibt, würden rein vernunftgeleitete Wesen sozusagen automatisch danach handeln, weshalb das Prinzip des Kategorischen Imperatives für solche Wesen keine Vorschrift, also kein Imperativ sein könnte.
„Alle Imperative werden durch ein Sollen ausgedrückt und zeigen dadurch das Verhältnis eines objektiven Gesetzes der Vernunft zu einem Willen an, der seiner subjektiven Beschaffenheit nach dadurch nicht notwendig bestimmt wird (eine Nötigung).“
Durch seine Vernunft ist der Mensch autonom, also hier: selbstgesetzgebend, wobei er sich aus Vernunft der „Nötigung“ (s. o.) des kategorischen Imperativs unterwirft. Durch diese Autonomie besitzt der Mensch Würde und istZweck an sich.
Der kategorische Imperativ verlangt, ihn immer auch als solchen zu behandeln, vgl. dazu die ‚Zweck-an-sich-Formel‘.
Parallelen zur Goldenen Regel
Der kategorische Imperativ wird häufig mit „Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg auch keinem anderen zu“ verwechselt. Diese so genannte Goldene Regel ist nicht mit Kants philosophischer Konstruktion des kategorischen Imperativs gleichzusetzen. Die goldene Regel ist ein hypothetischer Imperativ, weil sie einen Zweck verfolgt: die Vermeidung von Dingen, „die man nicht will“. Ebenso träfe hier das Kriterium der Verallgemeinerbarkeit nur auf die Handlungen zu, hingegen aber nicht auf die Maximen wie beim kategorischen Imperativ. Kant wandte sich vor allem gegen die negative Form der goldenen Regel:
„Man denke ja nicht, daß hier das triviale: quod tibi non vis fieri [was du nicht willst, dass dir geschehe …] etc. zur Richtschnur oder Princip dienen könne. Denn es ist, obzwar mit verschiedenen Einschränkungen, nur aus jenem abgeleitet; es kann kein allgemeines Gesetz sein, denn es enthält nicht den Grund der Pflichten gegen sich selbst, nicht der Liebespflichten gegen andere (denn mancher würde es gerne eingehen, daß andere ihm nicht wohlthun sollen, wenn er es nur überhoben sein dürfte, ihnen Wohltat zu erzeigen), endlich nicht der schuldigen Pflichten gegen einander, denn der Verbrecher würde aus diesem Grunde gegen seine strafenden Richter argumentieren, usw.“
Rezeption und Kritik[Bearbeiten]
Hegel[Bearbeiten]
Die klassische Kritik an Kants Kategorischen Imperativ erfolgte durch Hegel. Hegel kritisierte diesen als bloß formales Prinzip der Handlungsbeurteilung, das jede beliebige materiale Norm zu rechtfertigen erlaube. Weil die Vernunft mit dem Kategorischen Imperativ nur ihre Selbstgewissheit zum Kriterium der Moralität machen könne, ließen sich beliebige Willensbestimmungen als moralisch beurteilen, solange diese mit der Vernunft selbst verträglich erscheinen. Angewendet auf die Praxis produziere der Kategorische Imperativ nur „Tautologien“. Die Prüfung mit dem Kategorischen Imperativ reiche „aus diesem Grunde nicht weit; eben indem der Maßstab die Tautologie und gleichgültig gegen den Inhalt ist, nimmt er ebensogut diesen als den entgegengesetzten in sich auf“.[22]
So könne z. B. sowohl die Existenz als auch die Nicht-Existenz des Privateigentums mit dem Kategorischen Imperativ widerspruchsfrei begründet werden; dies sei abhängig vom jeweiligen Interesse des Einzelnen:
„Das Eigentum, wenn Eigentum ist, muß Eigentum sein. Aber ist die entgegengesetzte Bestimmtheit, Negation des Eigentums gesetzt, so ergibt sich durch die Gesetzgebung ebenderselben praktischen Vernunft die Tautologie: das Nichteigentum ist Nichteigentum; wenn kein Eigentum ist, so muß das, was Eigentum sein will, aufgehoben werden. Aber es ist gerade das Interesse, zu erweisen, daß Eigentum sein müsse.“
Die Frage aber, „soll es an und für sich Gesetz sein, daß Eigentum sei“, könne mit dem Kategorischen Imperativ nicht beantwortet werden: „Das Eigentum an und für sich widerspricht sich nicht; es ist eine isolierte oder nur sich selbst gleich gesetzte Bestimmtheit. Nichteigentum, Herrenlosigkeit der Dinge oder Gütergemeinschaft widerspricht sich gerade ebensowenig“.[24]
Hegel geht in den Grundlinien der Philosophie des Rechts in seiner Kritik noch weiter und sieht in der im Kategorischen Imperativ zum Ausdruck kommenden „formellen Subjektivität“ der Vernunft die Gefahr, „ins Böseumzuschlagen; an der für sich seienden, für sich wissenden und beschließenden Gewißheit seiner selbst haben beide, die Moralität und das Böse, ihre gemeinschaftliche Wurzel“.[25]
Marx[Bearbeiten]
Karl Marx deutet den Kategorischen Imperativ von einer individuellen Handlungsmaxime zu einem revolutionären Prinzip um.[26] So endet für ihn die Kritik der Religion „mit der Lehre, daß der Mensch das höchste Wesen für den Menschen sei, also mit dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“.[27] Diese negative Fassung ergänzt er durch die positive Forderung, für Verhältnisse einzutreten, „worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“.[28]
Schopenhauer
Eine scharfe Kritik am kategorischen Imperativ formulierte Arthur Schopenhauer in seiner Schrift Über die Grundlage der Moral. Schopenhauer wirft Kant vor, die Notwendigkeit moralischer Gesetze nicht ausreichend zu begründen und seine Ethik damit auf ein Fundament zu stellen, das selbst nicht ausreichend gerechtfertigt sei. Er sieht in der Kantischen Formulierung „du sollst“ den Überrest einer theologischen Moral (vor allem desDekalogs), die sich auf eine höchste moralische Instanz beruft. Da eine solche Instanz durch den kategorischen Imperativ aber nicht vorausgesetzt werde, entbehre er einer Grundlage. Damit scheitert Kant in Schopenhauers Sicht daran, nicht ausreichend zwischen der Form einer Ethik und ihrer Begründung zu unterscheiden. Außerdem kritisiert er die Tatsache, dass der kategorische Imperativ sich nicht aus empirischen Erfahrungen ergebe, sondern nur aus Vernunft und Begriffen; Begriffe, die einer empirischen Grundlage entbehren, seien aber nicht tauglich zur Formulierung eines allgemeingültigen Gesetzes, das egoistische Bestrebungen ausschließen wolle.[29]
Habermas
In der Diskursethik von Jürgen Habermas ist der „moralische[n] Gesichtspunkt (moral point of view)“ der Standpunkt, von dem aus moralische Fragen unparteilich beurteilt werden können. Dieser wird im praktischen und herrschaftsfreien Diskurs eingenommen als einer „kooperativen Wahrheitssuche“ von „freien und gleichen Teilnehmern“, bei der allein der „Zwang des besseren Arguments zum Zuge kommen darf“. Der praktische Diskurs dient der „konsensuellen Beilegung von Handlungskonflikten“.[30] Er bestimmt sich nicht inhaltlich und erzeugt keine Normen, sondern „ist ein Verfahren […] zur Prüfung der Gültigkeit vorgeschlagener und hypothetisch erwogener Normen.“.[31] Dabei folgt er dem Grundsatz der Universalisierung, dessen Prüfung mit einem umformulierten kategorischen Imperativ vorgenommen werden kann, der gerade nicht monologisch strukturiert ist:
„Der kategorische Imperativ bedarf einer Umformulierung in dem vorgeschlagenen Sinne: Statt allen anderen eine Maxime von der ich will, dass sie allgemeines Gesetz sei, als gültig vorzuschreiben, muss ich meine Maxime zum Zweck der diskursiven Prüfung ihres Universalitätsanspruchs allen anderen vorlegen. Das Gewicht verschiebt sich von dem, was jeder (einzelne) ohne Widerspruch als allgemeines Gesetz wollen kann, auf das, was alle in Übereinstimmung als universale Norm anerkennen wollen.“