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Kindertrauerkoffer Hamburg

Kindertrauerkoffer Hamburg

Der Kindertrauerkoffer ist eine Werkzeugkiste, eine Gedankenraumerweiterung für Kinder zum Thema Tod und Abschied.  Ich kenne das tool ganz gut, weil ich als zertifizierter Trauerbegleiter ( große Trauerbegleiterausbildung ITA)  schon öfters damit gearbeitet habe, beispielsweise beim Maus-Tag, jeweils den 3. Oktober. (die WDR-Maus ist gemeint)

Die Entwicklung des pädagogischen Wunderkastens kommt aus dem Sepulkralmuseum in Kassel, link,

Der Kindertrauerkoffer hat zwei Ebenen:

1. proaktive Arbeit mit Kindern zum Thema Verlust, Abschied, Tod und Trauer

2. spiegelbildlich eignet sich der Kindertrauerkoffer für die Arbeit in Einrichtungen, wie Kindergärten, Schulen und Konfirmandengruppen in worst-case-Szenarien. Dort hat der Koffer schon oftmals sehr positiv gewirkt und das Leben in seinen Abgrenzungsformen erklärt.

Auf einer Tagung in Güstrow des Hospizverbandes Mecklenburg-Vorpommern durfte ich den Koffer vorführen und habe dazu eine Zusammenfassung geschrieben, die man sich hier anschauen kann.

Der Kindertrauerkoffer wurde entwickelt vom Sepulkralmuseum in Kassel, 1) wo er ausleihbar ist. Dort trägt das Projekt den Namen „Vergissmeinnicht“.

Ziel dieser Gedankensammlung zu den großen Themen: • Verlusterfahrung • Tod • Bestatten • Trauern • Erinnern war kleine Bausteine zu schaffen, mit denen proaktiv gearbeitet werden kann. Der Tod, oder allgemeiner die Verlusterfahrung an sich, ist in der heutigen Gesellschaft ein Gevatter, der gern negiert wird, bis zum völligen gedanklichen Ausschluss desselben. Doch wir wissen nicht allzu viel über unser Schicksal in der Welt bis auf eine Tatsache, die unhintergehbar ist: wir sind endlich und der Tod wird uns alle, früher oder später, ereilen. Damit er uns nicht unvorbereitet trifft, ist es gut einen Rucksack an Bausteinen von Ritualen und Wissen rund um den Tod zu haben, dies gilt für Erwachsene, aber auch für Kinder. Früher im 20 Jh. war es üblich Kinder vor diesen Verwerfungen des Lebens und Emotionsverwerfungen zu bewahren und sie nicht mit auf Trauerfeiern, rsp. Begräbnisse zu nehmen.

Kinder und Trauerbegegnungen

Heute hat sich die Einstellung diametral gewandelt, man könnte auch sagen zurückgewandelt in die alte Zeit, wo der Tote aufgebahrt war auf der Tenne und alle Menschen des Gehöfts den Tod spüren und riechen konnten und er natürlicher Teil des „circle of life“ war. Der Kindertrauerkoffer ist konzipiert für Kindergartenkinder und Grundschulkinder, aber ich habe ihn auch schon mehrfach eingebracht im Konfirmandenunterricht und er verfehlte seine Wirkung nicht. Der Kindertrauerkoffer hat zwei Wirkdimensionen: a) proaktive Verlustarbeit b) worst-case-Einsatz bei Verlust im setting: Elternhaus, Kindergarten, Grundschule, weiterführende Schule. Sowohl beim Tod eines Mitschülers, als auch beim Tod eines Lehrpersonals hat der Koffer seine Wirkmächtigkeit erwiesen, um das schier unfassbare, den Tod, in Bahnen zu lenken und eine Haltung zum Tod er erklimmen und/oder ihn als Teil des natürlichen Weltenlaufs zu akzeptieren lernen.

Wie funktioniert der Kindertrauerkoffer?

Die Bausteine sind kleine Pappkisten mit Utensilien, mit denen thematische Schwerpunkte beackert werden. Eine der didaktischen Kisten hat das Oberthema: „Leben versus unbelebte Welt“. Wir haben in Hamburg dazu noch einen großen schwarzen Stoff-Vogel beigefügt. In der Kiste ist ein Blutdruckmessgerät, ein Stethoskop, eine Feder. Nun können die Kinder ausprobieren, ob der Vogel lebt, oder das Kind von nebenan. Es gibt Mediensammlungen, Ton und Bild, Kopiervorlagen zu diversen Themen, z.B. wie kann man Emotionen bei Menschen im Gesicht erkennen. Hier werden vier leere Gesichter vorgelegt und die Kinder sollen nach Ihrer Vorstellungswelt die Emotionen einmalen. Es gibt eine Kiste für Gipsmaskenerstellung – Erinnern, eine für Trauerdruck mit Druckfarbenwalze und Druckfarben, eine Ritualkiste mit roten Kerzen, Organzatuch, eine Kiste mit einer Schmuckurne und einer echten Aschekapsel aus dem Krematorium. Nach m.E. haben die heutigen Kinder den Bezug zur Wirklichkeit des Todes ganz verloren, sie leben im Hier und Jetzt und habe keinerlei Vorstellung, daß der Körper sich binnen kürzester Zeit auflöst, wenn der Lebenssaft nicht mehr in ihm, herzgetragen, pulsiert. 1) www.sepulkralmuseum.de http://www.sepulkralmuseum.de/de/bildung_forschung_beratung_museum_fuer_sepulkralkultur/weiterbildungsangebote_schulen/museumskoffer_vergissmeinnicht.html Kosten 100 € für 14 Tage exclusive Transport

Die Kisten der Kindertrauerkoffers sind Gedankenanreger um Themenfelder zu beackern und zu eröffnen

Mit der Ritualkiste sind die Erzieher/ Lehrer aufgerufen zusammen mit den Kindern eigene Rituale zu entwickeln, die im worst-case-Falle fokussiert sind auf den aktuellen Verlust. Eine Kiste der Transzendenz mit einem großen Engel ist dort angesiedelt, anhand dessen man über die jenseitige Welt mit den Kindern arbeiten kann, oder versuchen Gedanken von Thomas von Aquin nachzudenken der formuliert: Engel sind rein geistige Wesen, ohne jeder Körpergestalt und Form. Aber, aus Kinderseele gedacht, kann der Engel dann in der hiesigen physikalischen Welt etwas bewirken? Was ist die Seele und wo geht sie hin? Zum Thema Erinnern haben wir „unsere“ Bronze-Engel beigefügt 2), die eine quasi-magische Wirkung haben, denn sie reagieren auf den Nutzer, z.B. indem sie die Wärme des Menschen aufnehmen und spiegeln. Für Rituale und Hausaltäre eignet der sich hervorragend, zeigt unsere Praxis. Auch spannend ist, dass man mit Rollenspielen die Zeit des Todes in Normalität überführen kann – wir spielen Bestattung mit Amtsarzt, Bestatter, Totengräber etc.. Hierzu haben wir unsere kleinen Trost-Elefanten beigefügt, die das Rollenspiel unterstützen sollen.

Einführung Anleitungsscript

Sehr hilfreich bei der Arbeit dieses Zauberkoffers ist, dass das Sepulkralmuseum ein 80 seitiges Skript mitliefert, anhand dessen das Lehrpersonal auf einfache Weise sich dem Thema nähern kann. Der Koffer funktioniert am besten, wenn man sich Stück für Stück mit einer der thematischen Kisten beschäftigt, um die ganze Tiefe der möglichen Dimensionen gut durchzuarbeiten. Mit anderen Worten in der Anwendung sollte man mindestens einen Tag für die Vorkonzeption einplanen.

Andere Projekte zum Thema Kinder und Trauer  „Hospiz macht Schule“

Diese Arbeit muss die ausleihende Institution sich auf jeden Fall machen, weil es keine Botschafter gibt, die wie in dem Kölner Modell, sprich „Hospiz macht Schule“, bei dem Ehrenamtliche die Unterrichtsarbeit abnehmen. Wie wir erfahren haben, werden dort diverse echte Ehrenamtliche der Hospizszene vorgeschult , heißt Befähigungskurs, um einen detaillierten Unterrichtsplan minutiös befolgen zu können. Der finanzielle und organisatorische Aufwand ist nicht trivial, wenn man die manpower in Rechnung stellen würden und das Modell funktioniert nie im Akutfall, weil der Vorlauf sehr groß ist. In Hamburg haben wir das Problem der Einführung der Möglichkeiten des Kindertrauerkoffers bei den MA des relevanten settings so gelöst, dass in den 100 € Ausleihgebühr der Hamburgweite Transport und eine(r) professionelle Botschafter inkludiert ist. Aber dies Modell gilt nur für Hamburg und nicht für Kassel! Weil der Koffer aus Kassel christlich orientiert ist, haben wir im multikulturellen Hamburg hinzugefügt: a)Koran, b) Bibel, c) Texte zu Bestattungsriten aus anderen Kulturen von Frau Dr Swantje Göbel Contraindikation: Nicht geeignet ist der Koffer für den Einsatz ohne fundiertes Begleitpersonal, d.h. er wird immer nur an Institutionen ausgeliehen aus dem nachvollziehbaren Grunde, weil im Umfeld eines Akutfalles die Betroffenen einer seelsorgerlichen Betreuung und Führung bedürfen.


weitere Informationen zu den Ausleihbedingungen beim GBI in Hamburg findet ihr hier.

weitere Informationen zu den Ausleihbedingungen in Berlin findet ihr hier

Auch in Bremen gibt es den Koffer, beim „GE BE IN“- Informationen hier

Bildrechte: Institut für Lebenskunde. Hamburg

Am 27.2.2017 findet in den GBI Räumen und auf dem Friedhof ein Workshop zu dem Thema Kindertrauerkoffer statt. Hier gucken.

About the author

Giovanni

Giovanni ist studierter Jurist und Philosoph als Marketingleiter bei einem Mittelständler unterwegs, Geschäftsführer einer Agentur, ehrenamtlicher Sterbebegleiter, zertifizierter Trauerbegleiter, Beirat ITA Institut für Trauerarbeit, Mitgliedschaften: Marketing Club Hamburg, Büchergilde Hamburg, Förderverein Palliativstation UKE, ITA, Kaifu Lodge, Kaifu-Ritter