aa -Tagesimpulse SCHULD Sünde Übergänge

Kriegsschuld Aufarbeitung

Wie können wir unsere Vergangenheit in der Verpflechtung mit dem NS – Regime bewältigen?  Ich habe von einer Schwedin gehört, die darüber Bücher schreibt und workshops anbietet. Es geht um therapeutisches Schreiben. Ich werde mal ihr meistgekauftes Buch lesen und dann berichten. Leider nur in Englisch verfügbar. Aber mit ein wenig Gedankenkraft sollte das schon gehen. Primär richtet sich die Schwedin an die Enkelgeneration, oder gar Urenkelgeneration.

Hier die Verweisdaten: Julie Lindahl hat über das Thema promoviert und ist international bekannt geworden in diesem Bezug. Hier ihre website:  http://www.julielindahl.com/

Noch heute leben viele Teilnehmer der NS-Zeit und ich denke, dass in der letzten Lebensphase noch viel aufgearbeitet werden sollte und könnte an Schuld und Verwebungen. Vergebung könnte man durch das Christentum bekommen. Oder zumindest eine innere Reinheit mit sich und seinem Gewissen zu bekommen, wäre ja schon mal eine hinreichend gute Bedingung, um ins transzendentale Jenseits einzutauchen und dort ein neues „Leben“, genauer SEIN zu erreichen, zu sein.

Zum Dritten Reich und den NAZIS loht es sich auch hier mal reinzulesen. Hanna Arendt hat das System analysiert > link

Wie es zum 2 Weltkrieg kommen konnte, könnt ihr in dem Essay aus dem Sommer 2015 nachlesen, hier. „Die Schuldgeneration von 1870-1920“


transgenerationale Kriegseinwirkungen in der Enkelgeneration

Sehr spannend ist auch der Gedanken von Sabine Bode. Sie beschreibt in ihrem Buch Kriegsenkel eine nicht ganz einfach nachzudenkende Schuldlinie, die sich in die Leben der Enkelgeneration der Kriegsbetreiber und NS- Durchführer und Mitläufer, 2. Weltkriegsteilnehmer und Erfahrenen eingelagert haben könnte.  Ein spannendes Momentum, dass den leidvollen Erfahrungshorizont der Großeltern transponieren läßt in die Enkelgeneration. Durch diese unwillentliche Schuldablagerung kommt es zu inneren Verwerfungsprozessen, die eben anzuschauen sind und nicht wie Helmut Kohl einfach überfliegt mit dem Dumpfbackensatz:  die Gnade der späten Geburt. Sabine Bode beschreibt quasi einen transgenerationalen Schuldübergang, ein Seelenbetrübnis, das eine Kriegserfahrung in die zweite Generation der „Nachgeborenen“ transformiert und belastet.

uptdate September 2016: Heute darf ich an einem Seelsorgerseminar teilnehmen, dass sich mit der oben beschriebenen Kriegsenkelthematik beschäftigt, Die Autorin Sabine Bode kommt auch, ich bin schon sehr gespannt.

: Hier der Verlagstext: Rechte bei Klett-Cotta:


Die Kriegsvergangenheit zeigt auch heute noch in vielen Familien Spuren, bis in die zweite und dritte Generation hinein. Jetzt meldet sich die Generation der Kinder der Kriegskinder zu Wort. Sie sind in den Zeiten des Wohlstands aufgewachsen. Noch ist es ein völlig neuer Gedanke, sich vorzustellen, ihre tief sitzende Verunsicherung könnte von den Eltern stammen, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeitet haben.

Die Kriegsvergangenheit zeigt auch heute noch in vielen Familien Spuren, bis in die zweite und dritte Generation hinein. Jetzt meldet sich die Generation der Kinder der Kriegskinder zu Wort. Ein Buch, das den »Kriegsenkeln« hilft, sich selbst besser zu verstehen.

Als Friedenskinder sind sie in den Zeiten des Wohlstandes aufgewachsen. Es hat ihnen an nichts gefehlt. Oder doch? Die Generation der zwischen 1960 und 1975 Geborenen hat mehr Fragen als Antworten: Wieso haben viele das Gefühl, nicht genau zu wissen, wer man ist und wohin man will? Wo liegen die Ursachen für diese diffuse Angst vor der Zukunft? Weshalb bleiben so viele von ihnen kinderlos? Noch ist es für sie ein völlig neuer Gedanke, sich vorzustellen, ihre tief sitzende Verunsicherung könnte von den Eltern stammen, die ihre Kriegserlebnisse nicht verarbeitet haben. Ist es möglich, dass eine Zeit, die über 60 Jahre zurückliegt, so stark in ihr Leben als nachgeborene Kinder hineinwirkt? Hier der link zu dem total wichtigen Buch, link


Schuld-Aufarbeitung

Ein spannendes Buch über die Schuld, die vielleicht die Enkel-Generation trägt oder auch nicht, kannst du hier finden

Wikipedia schreibt:

Vergangenheitsbewältigung hat individuelle und kollektive Bedeutung. Bewältigt werden müssen Negatives, Verdrängtes und Belastendes, seelische Verletzungen und Schuldgefühle. Manchmal werden dabei Tabus gebrochen; zum Beispiel war es in der Nachkriegszeit in vielen Familien mit nationalsozialistischem Hintergrund verpönt, die aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrten Soldaten, einschließlich SS, jeden Ranges nach ihren Erlebnissen und Taten zu fragen.

Weil Vergangenheit nicht „bewältigt“ – also endgültig erledigt – werden kann, wird inzwischen mehrheitlich der Begriff Vergangenheitsaufarbeitung oder Aufarbeitung der Vergangenheit vorgezogen.[1] Seit dem Ende des 20. Jahrhunderts werden auch die Begriffe Erinnerungskultur bzw. Vergangenheitspolitik verwendet.[2]

Hauptartikel: Scham- und Schuldkultur

In Deutschland und Österreich wird der Begriff überwiegend für kollektive Vergangenheitsbewältigung verwendet, insbesondere für

Die 68er-Bewegung forderte eine kollektive Vergangenheitsbewältigung und übte Kritik an der aus ihrer Sicht ausgebliebenen Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte. Dies ging teilweise in einen Vorwurf über, ein neuerFaschismus sei in der Bundesrepublik zu erkennen.

Nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch der DDR zeigte sich anhand der Stasi-Akten, wie vielen Menschen eine Bewältigung ihrer individuellen Vergangenheit wichtig war: sie wollten wissen, von wem und wann sie bespitzelt oder denunziert worden waren; sie wollten begangenes Unrecht aufklären und teilweise auch sühnen (siehe auch Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen (ZESt) in Salzgitter), Bundesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen (= „Gauck-Behörde“).

Die Politikwissenschaftler Helmut König und Michael Kohlstruck definierten 1998 den Begriff Vergangenheitsbewältigung als Sammelbezeichnung für Aktivitäten, mit denen sich demokratische und der Wahrung derMenschenrechte verpflichtete Gesellschaften befassen, um eine von Diktatur und Verbrechen gekennzeichnete Vergangenheit aufzuarbeiten.[3]

Nürnberger Prozesse: Auf der Anklagebank – Göring, Heß, von Ribbentrop, Keitel (vorne), Dönitz, Raeder, von Schirach und Sauckel (dahinter)

Unter dem Begriff „Vergangenheitsbewältigung der NS-Zeit“ werden mehrere Aspekte gefasst: die juristische (d. h. sowohl strafrechtliche, zivilrechtliche als auch öffentlich-rechtliche) Aufarbeitung des Dritten Reiches, die geschichtswissenschaftliche, ethische und soziale Aufarbeitung dieser Zeit.

Am Anfang der Vergangenheitsbewältigung stand die juristische Aufarbeitung, das heißt die Bestrafung von Tätern, die Rehabilitierung von Opfern und die Revision der nationalsozialistischen Rassegesetze (z. B. der sogenannten Nürnberger Gesetze). Schnell zeigte sich, dass die beiden erstgenannten Bereiche eine Aufgabe für Jahrzehnte werden würden. Die juristische Seite wurde bald begleitet von einer historischen Erforschung der nationalsozialistischen Herrschaftszeit. Parallel versuchten die Alliierten durch die personelle und ideologische Entnazifizierung zur Hinterfragung der im NS-Staat gesetzten Werte und Normen anzuregen. Es galt, einer breiten Öffentlichkeit deren menschenverachtenden Charakter deutlich zu machen und ihnen demokratische und ethisch-moralische Wertvorstellungen nahezubringen. Diese Prozesse wurden durch die Siegermächte initiiert und hatten das Ziel, begangenes Unrecht juristisch aufzuarbeiten, das Leid der Opfer zu mildern, die Möglichkeit einer Wiederholung des Geschehens zu minimieren, und die Ursachen sowie die Hintergründe der Verbrechen zu verstehen bzw. zumindest zu dokumentieren.

Bundesrepublik Deutschland

Zu Deutschland ab 1945 erschien 2009 ein Lexikon der „Vergangenheitsbewältigung“. Debatten- und Diskursgeschichte des Nationalsozialismus nach 1945 (Siehe Literatur)

Integrationspolitik

Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger wurde von Beate Klarsfeldgeohrfeigt, um auf seine NS-Vergangenheit hinzuweisen

Ehemalige Angehörige der NSDAP, der Wehrmacht, Flüchtlinge und Vertriebene, die sich nach Jahren der Entnazifizierung, der Internierung und des Lagerlebens sozial und wirtschaftlich deklassiert fühlten, den Untergang des Nationalsozialismus als schweren Sinnverlust erlebten, bildeten ein erhebliches Potenzial für eine Destabilisierung der neu formierten Demokratie Westdeutschlands. Die Sozialistische Reichspartei (SRP) profilierte sich als Nachfolgepartei der NSDAP, ihre Parolen fanden in diesen Bevölkerungsgruppen teilweise Zustimmung.[7] Die deutsche Politik begegnete dieser Lage, indem sie von der Entnazifizierung zur Integration überging.

In der ersten Legislaturperiode der Bundesrepublik Deutschland (1949–1953) wurden wesentliche juristische Voraussetzungen zur gesellschaftlichen Integration von NS-Tätern geschaffen. Dem Zweiten Bundestag gehörten 129 ehemalige NSDAP-Mitglieder an.[8] 1949 und 1954 verabschiedete der Bundestag einstimmig Amnestiegesetze. Die große Mehrheit der von deutschen Gerichten verurteilten Nationalsozialisten wurde auf diese Weise begnadigt. Die Urteile der Spruchgerichte aus der Entnazifizierung der Alliierten wurden aus dem Strafregister gestrichen. Das 131er-Gesetz“ von 1951 (nach Art. 131 Grundgesetz) regelte die Wiedereingliederung von Beamten, die 1945 von den Alliierten aus politischen Gründen entlassen worden waren, und von ehemaligen Berufssoldaten in den Öffentlichen Dienst. Auch dieses Gesetz wurde einstimmig verabschiedet. Damit wurden Mitglieder der NSDAPentlastet und amnestiert. Aufgrund des durch das 131er-Gesetz garantierten Wiedereinstellungsanspruchs konnten sie in Positionen in Politik, Justiz und Verwaltung eingestellt werden oder zurückkehren. Der Wiederaufbau rückte in den Vordergrund, sich daran aktiv zu beteiligen kompensierte das moralische Versagen in der NS-Zeit. Ein expliziter Bruch mit der NS-Vergangenheit schien nicht mehr notwendig. Nicht einmal die höchsten Ämter in Politik, Verwaltung und Justiz blieben Personen vorbehalten, deren Vergangenheit ohne Belastung aus der NS-Zeit war. Beispielhaft stehen dafür Hans Globke und Theodor Oberländer.

Forderungen nach einem Ende der Entnazifizierung und nach einer Amnestie kamen von den Parteien, in denen überdurchschnittlich viele ehemalige Nationalsozialisten Mitglieder waren, wie von der DP und der FDP, sowie den Soldatenverbänden und dem BHE. „Angeheizt von den ebenso profilierten wie populären vergangenheitspolitischen Forderungen der rechten Kleinparteien hatte eine Allparteienkoalition des Bundestages die den Deutschen nach der Kapitulation aufgezwungene individuelle Rechenschaftslegung beendet; fast alle waren jetzt entlastet und entschuldigt“.[9] Das Bundesjustizministerium rief eine Zentrale Rechtsschutzstelle ins Leben, die von Strafverfolgung bedrohte Häftlinge im alliierten Gewahrsam unterstützte. Die westdeutsche Strafverfolgung von NS-Verbrechen wurde wenig intensiv betrieben, Bundesjustizministerium und Bundesgerichtshof untersagten die Anwendung des Kontrollratsgesetzes Nr. 10, nach dem die Nürnberger Gerichte geurteilt hatten.

Im Jahr 1951 äußerten bei einer Umfrage 40 % der Befragten die Meinung, die Nazizeit sei besser gewesen als die Neuordnung in der BRD.[10]

Die Verschärfung des Ost-West-Konfliktes zum Kalten Krieg begünstigte den Übergang zur Integrationspolitik. Die Wehrmacht hatte den nationalsozialistischen Vernichtungskrieg durchgeführt. Dabei kam es zu zahlreichenVerbrechen. Dies wurde auch in den Nürnberger Prozessen thematisiert, insbesondere im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Dabei wurden nicht nur Einzelpersonen angeklagt, sondern auch acht Institutionen, darunter das Reichskabinett, der Generalstab und das Oberkommando der Wehrmacht (OKW). Diese drei wurden freigesprochen und damit in den Augen vieler entlastet; die anderen fünf wurden alsverbrecherische Organisationen verurteilt.[11] Im Vorfeld der Wiederbewaffnung Deutschlands wurde die ehemalige Generalität der Wehrmacht umworben und die Kommandeure nutzten die neue Lage. In der Himmeroder Denkschrift legten sie ihre Vorstellungen von den neuen deutschen Streitkräften nieder und verlangten von den Regierungen der Westmächte eine Ehrenerklärung für die Wehrmacht. Fast alle in den Nürnberger Prozessen verurteilten Verbrecher wurden vom amerikanischen Hochkommissar John Jay McCloy freigelassen, und fast alle der zum Tode Verurteilten begnadigt. Im Gewahrsam blieben nur die Gefangenen desKriegsverbrechergefängnisses Spandau. Im Bundestags-Wahlkampf 1953 besuchte Bundeskanzler Konrad Adenauer demonstrativ das britische Kriegsverbrechergefängnis Werl.

Wiedergutmachungspolitik]

Erst nachdem diese Gesetze für Strafaufhebung und Reintegration der NS-Täter beschlossen waren, wandte sich der Bundestag der Wiedergutmachung zu. Nach Kriegsende waren auf Anordnung der westlichen Besatzungsbehörden finanzielle Zuwendungen an NS-Verfolgte zu leisten, und diese Verpflichtung musste nach 1949 vom Bundestag und von der Verwaltung übernommen werden. Erst 1956 wurde dasBundesentschädigungsgesetz rückwirkend ab 1953 beschlossen, das die Wiedergutmachung weitgehend auf deutsche Opfer (bis 1969 etwa 1 Million) begrenzte. Ausländische Opfer wurden nur ausnahmsweise entschädigt. Das „Londoner Schuldenabkommen“ 1953 verschob deren Entschädigung „bis zur endgültigen Regelung der Reparationsfrage“. Allerdings erhielten der Staat Israel und die Jewish Claims Conference insgesamt 3,45 Mrd DM nach dem deutsch-israelischen Wiedergutmachungsabkommen im Luxemburger Abkommen 1952. Nach diesem Modell übernahm die BRD in bilateralen Verhandlungen mit elf westeuropäischen Staaten, darunter Österreich (Kreuznacher Abkommen 1961) und die Schweiz, von 1959 bis 1964 Entschädigungen von weiteren 876 Mio. DM. Ausgeschlossen blieben aber die Opfer aus Osteuropa und vor allem die Zwangsarbeiter.[12]

Um die materiellen Schäden der Opfer zu ersetzen und der geschichtlichen Verantwortung gerecht zu werden, wurde die Wiedergutmachung eine feste Größe westdeutscher Politik. Die NS-Vergangenheit wurde nach Ende des Krieges jedoch weitgehend verdrängt. Die ungesühnten NS-Verbrechen rückten erst in den angehenden fünfziger Jahren mit dem Einsetzen der Strafverfahren gegen sogenannte „Exzesstäter“, verschiedene Skandale um wiederamtierende ehemalige nationalsozialistische Funktionsträger und mehrere studentische Aktionen wie die Ausstellung Ungesühnte Nazijustiz (1959–1962) und die Ausstellung „Die Vergangenheit mahnt“ (1960–1962) ins Blickfeld der Öffentlichkeit. Große Aufmerksamkeit erregten der Prozess gegen Adolf Eichmann in Israel und der erste Frankfurter Auschwitzprozess von 1963 bis 1965. Aber im Spannungsfeld des Kalten Krieges war die strafrechtliche Vergangenheitsbewältigung bis zur Verjährungsdebatte des Bundestages umstritten. In einer Umfrage im Jahre 1965 plädierte die Hälfte der Befragten für eine sofortige Beendigung aller NS-Prozesse.

Das bekannteste deutsche Gedicht der Holocaustliteratur ist Todesfuge (geschrieben 1944/45) von Paul Celan, das etwa ab 1952 in Deutschland bekannt geworden ist. Daneben sind bereits 1946 Inventur (Günter Eich) undNelly SachsChor der Geretteten sowie das Werk von Hilde Domin zu nennen.

Unter den Wissenschaftlern ist die Soziologin Hanna Meuter eines der wenigen Beispiele für ein frühes öffentliches Bedauern des Holocaust. Sie äußerte schon im Jahr 1948, dass von den 150 Mitgliedern (vor 1933) derDeutschen Gesellschaft für Soziologie über die Hälfte, nicht unbeeinflußt durch die Vernichtungsverfahren der Zeit, heute nicht mehr unter uns sind. Schon die sprachliche Formulierung, eine doppelte Verneinung und merkwürdige Formulierung (die Ermordung von jüdischen Soziologen als „Vernichtungsverfahren“), zeigt, dass selbst ihr als NS-Verfolgter dieser Tabubruch schwerfiel, und zwar vermutlich wegen der Zuhörenden.[20]

Die Strafverfolgung der 1980er und 1990er Jahre vollzog sich in einem anderen gesellschaftspolitischen Klima, in dem die Bereitschaft dazu deutlich gestiegen war. Doch ist dies zu relativieren: In einer Meinungsumfrage vom Mai 2005 sprachen sich 41 % der Befragten dafür aus, einen Schlussstrich unter die Beschäftigung mit der NS-Zeit zu setzen; für eine weitere Aufarbeitung stimmten 51 %. Derartige Schlussstrichdebatten stehen seit etwa 1948 immer wieder als Gegenpol zu einer Fortsetzung der Vergangenheitsbewältigung.

Trotzdem hat sich in der Bundesrepublik wie auch in Österreich eine breite öffentliche Erinnerungskultur entwickelt, sowohl im Rahmen der politischen wie staatlichen Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte als auch in Bezug auf eine Vielzahl privater Initiativen. Hieran trägt auch die hohe Zahl von Gedenkstätten einen wichtigen Anteil. Ein Element der offiziellen Erinnerungskultur sind politische Reden und Gesten, wie zum Beispiel Richard von Weizsäckers Rede vom 8. Mai 1985, der Kniefall von Willy Brandt in Warschau, der kontrovers diskutierte gemeinsame Besuch von Helmut Kohl und Ronald Reagan in Bitburg, oder Kranzniederlegungen und Besuche von KZ-Gedenkstätten durch deutsche Politiker. Als große Gefahr einer staatlichen Erinnerungskultur wird gesehen, dass sie in äußerlichen Riten und leeren Formeln erstarren könne.[28]

Offene Vermögensfragen: Eine weitere Komponente der juristischen Aufarbeitung stellt die Regelung von unrechtmäßigen Enteignungen (siehe Offene Vermögensfragen) in der Zeit von 1949 bis 1990 durch das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen dar.

Behörden, Kommissionen und Stiftungen

Logo der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur: Flagge der DDR mit ausgeschnittenem Wappen

Durch das Stasi-Unterlagen-Gesetz von 1991 und die damit verbundene Aktenöffnung sowie die Gründung der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR (auch Gauck-Behörde genannt) wurde eine wissenschaftliche, publizistische und individuelle Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit ermöglicht.

Die Enttarnung vieler Inoffizieller Mitarbeiter (IMs) des Ministeriums für Staatssicherheit aufgrund der Akten der Gauck-Behörde sorgte seitdem immer wieder für scharfe politische und gesellschaftliche Auseinandersetzungen über die Rolle und das sinnvolle Ausmaß der Vergangenheitsbewältigung in Bezug auf die DDR-Diktatur sowie Rücktritte ehemaliger IMs aus politisch-gesellschaftlichen Ämtern und Funktionen. Dabei sind immer wieder Versuche seitens der Betroffenen zu verzeichnen, diese Aufklärungsarbeit zu behindern. So äußerte sich die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, im Jahr 2008 wie folgt:

„Inoffizielle oder hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter versuchen mithilfe der Gerichte zu verhindern, dass ihre Rolle als Werkzeug der SED-Diktatur öffentlich benannt wird.“ Die Aktivitäten früherer Stasi-Leute richteten sich vor allem gegen kleinere Vereine, die weder Kraft noch Mittel für einen langen Rechtsstreit durch alle Instanzen hätten. Das sind Einschüchterungsversuche.“[45]

Um eine breite und differenzierte demokratische Aufarbeitung auch längerfristig zu garantieren, wurden zwei Enquete-Kommissionen eingerichtet. Diese befassen sich auf politischer Ebene mit einem breiten Spektrum der DDR-Vergangenheit. Später wurde zusätzlich die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur eingerichtet, welche entsprechende Forschung und Projekte unterstützt. Die Gedenkstättenkonzeption des Bundes von 1999 definierte Standards bundesdeutschen Gedenkens an beide deutschen Diktaturen und regelt die Verantwortung von Bund und Ländern für erinnerungskulturelle Einrichtungen.[46] Das Deutsche Jugendinstitut untersuchte 2013 Projekte der DDR-Gedenkstättenarbeit und kam zu dem Schluss, dass dort die „offenbar weitreichend einseitige Materialauswahl“ und die „Pauschalität der vermittelten Inhalte problematisch“ seien, was unter dem Aspekt derÜberwältigungsgefahr kritisch betrachtet wurde.[47]

Vergangenheitsbewältigung im Spiegel des politischen Spektrums[Bearbeiten]

Die Frage nach der Bewertung der Geschichte der DDR sowie der richtigen Form und des angemessenen bzw. notwendigen Ausmaßes ihrer Vergangenheitsbewältigung hat immer wieder zu Auseinandersetzungen im Spektrum der politischen Parteien geführt. Diese Konflikte kristallisieren sich meist an Einzelfragen wie der Frage nach der rechtlichen Regelung zur Offenlegung von Stasi-Akten, der Regelung der Arbeit derTreuhandgesellschaft, der Bemessung von Renten und Pensionszahlungen für ehemalige MfS-Mitarbeiter, der Besetzung von Kommissionen zur Vergangenheitsaufarbeitung, der finanziellen Zuwendungen für Forschungseinrichtungen und Gedenkstätten zur DDR-Diktatur und im Rahmen personeller Debatten (Manfred Stolpe, Lutz Heilmann, u. a.) relativ deutlich aus. Dabei vertritt die ehemalige PDS, auch aufgrund personeller systemübergreifender Kontinuitäten, meist eine dezidiert andere Position als die übrigen Parteien. So bescheinigte die Extremismusforschung der PDS eine „fragwürdige Form der Vergangenheitsbewältigung“ sowie die Mitarbeit etlicher ehemaliger Stasi-Mitarbeiter.[48]

Schlussstrichfrage[Bearbeiten]

Der Historiker Hans-Ulrich Wehler antwortete auf die Frage, ob man einen Schlussstrich unter die Vergangenheitsbewältigung der DDR-Geschichte ziehen sollte, im Jahr 2007 folgendermaßen:

„Nein, das wäre fatal. Und zum Glück ist das – außer von manchen Leuten aus der Ex-PDS – nur selten öffentlich zu hören. Natürlich hätten die gern, dass ihre kleine Mörderrepublik endlich aus dem Fokus kommt. Aber das wird nicht geschehen. Die DDR war ein mörderisches Regime, das viele Menschenleben auf dem Gewissen hat. Es gibt keinen Grund, in der Erinnerung daran nachzulassen. Von einem Schlussstrich kann keine Rede sein. (…) Eine intensive Beschäftigung mit der DDR-Vergangenheit ist dringend geboten. Die Konsequenzen dieses Staates sind doch nicht nur in Bitterfeld, sondern auch in der Gesellschaft noch über Jahrzehnte zu beobachten.“[49]

Doppelte Vergangenheitsbewältigung[Bearbeiten]

In der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts werden seit 1990 mindestens zwei Epochen wahrgenommen und diskutiert, die einer Vergangenheitsbewältigung bedürfen. Das hat zu Kontroversen in der Forschung und Öffentlichkeit geführt. Der umstrittene Begriff der „doppelten Vergangenheitsbewältigung“[50] umfasst die wissenschaftliche Aufarbeitung beider Vergangenheiten als Diktaturenvergleich und die daraus abgeleitete vergleichende Analyse strafrechtlicher, personeller und materieller „Vergangenheitsbewältigungen“. Daneben wird auch der weniger gleichsetzende Begriff der „zweifachen Vergangenheitsbewältigung“ benutzt.[51]

Der tiefer liegende Dissens der Forschung liegt in der Frage, inwieweit es angemessen und legitim ist, die beiden deutschen Diktaturen miteinander gleichzusetzen. Dabei sind grob drei verschiedene Haltungen zu beobachten:

  • Mit der Verwendung des Begriffs der „doppelten Vergangenheitsbewältigung“ wird eine unkritische Parallelisierung des Nationalsozialismus und des DDR-Regimes vorgenommen. Damit werden suggestiv und indirekt beide Systeme gleichgesetzt, was dem Wunsch nach Verdrängung der NS-Zeit nachkommt. Nur wer fundamentale Unterschiede beider Systeme außer Acht lässt, verkennt die Singularität der NS-Diktatur und ihrer einzigartigen Verbrechen (Holocaust). Die Tatsache, dass die DDR-Diktatur im Gegensatz zum NS-Regime kaum eine Massenbasis im Volk besaß und gegenüber anderen Rassen/Völkern nicht offen rassistisch agierte, wird in dieser Darstellung unterschlagen.[52]
  • Besonders im Rahmen der zeitweiligen Dominanz der Totalitarismustheorie zwischen 1990 und 1995 wurden die Gemeinsamkeiten von NS- und DDR-Diktatur hervorgehoben. Der Schwerpunkt lag dabei auf Gemeinsamkeiten in Bezug auf Herrschaftstechniken, analogen totalitären Strukturen und der Gegenüberstellung von ähnlichen Formen personeller, rechtlicher und materieller Vergangenheitsbewältigung. Obwohl die gravierenden Unterschiede der Systeme benannt wurden, nahm die Darstellung von Gemeinsamkeiten doch größeren Raum ein.[53]
  • Ein Forschungsansatz, der sich auf Einzelfragen im Vergleich der Diktaturen konzentriert und aus seinen Ergebnissen meist keine allgemeinen Schlussfolgerungen ableitet. Einer „Verwertung“ historischer Erkenntnisse durch politische Interessengruppen wird meist entgegengetreten.[54] Dies bringt der Historiker Bernd Faulenbach folgendermaßen zum Ausdruck:

„Allerdings greift der Entwurf den von uns seit 1991 vertretenen Grundsatz auf, dass die NS-Verbrechen durch die Verbrechen der Nachkriegszeit ‚nicht relativiert‘, umgekehrt aber auch die stalinistischen Verbrechen unter Bezug auf die NS-Verbrechen ‚nicht bagatellisiert‘ werden dürfen.“[55]

About the author

Giovanni

Giovanni ist studierter Jurist und Philosoph als Marketingleiter bei einem Mittelständler unterwegs, Geschäftsführer einer Agentur, ehrenamtlicher Sterbebegleiter, zertifizierter Trauerbegleiter, Beirat ITA Institut für Trauerarbeit, Mitgliedschaften: Marketing Club Hamburg, Büchergilde Hamburg, Förderverein Palliativstation UKE, ITA, Kaifu Lodge, Kaifu-Ritter