Lebensführung
„Siehst Du, Momo“, sagte Beppo, „es ist so:
Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich.
Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals
schaffen, denkt man.“
Er blickte eine Weile schweigend vor sich hin, dann fuhr er fort:
„Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer
mehr. Jedesmal, wenn man aufblickt, sieht man, daß es gar nicht
weniger wird, was noch vor einem liegt.
Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst,
und zum Schluß ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr.
Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht
machen.“
Er dachte einige Zeit nach.
Dann sprach er weiter: „Man darf nie an die ganze Straße auf
einmal denken, verstehst du?
Man muß immer nur an den nächsten Schritt denken, an den
nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich.
Und immer wieder nur an den nächsten.“
Wieder hielt er inne und überlegte, ehe er hinzufügte:
„Dann macht es Freude; das ist wichtig, dann macht man seine
Sache gut. Und so soll es sein.“
Und abermals nach einer langen Pause fuhr er fort:
„Auf einmal merkt man, daß man Schritt für Schritt die ganze Straße
gemacht hat. Man hat gar nicht gemerkt wie, und man ist nicht
außer Puste.“
Er nickte vor sich hin und sagte abschließend: „Das ist wichtig.“
„Momo“
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