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Perspektiv-Wechsel

Perspektiv-Wechsel

Trauerbegleitung operiert mit zwei Kern-Gedanken: Haltung und Perspektive. Die innere Haltung anzuschauen und zu entwickeln ist essentiell für alle Lebensbezüglichkeit.

(Bildrechte bei diesem Herren Laukik Bajpai)

update: in der aktuellen Ausgabe von „Psychologie Heute“  geht es auch um das total wichtige Thema Perspektivwechsel, hier schauen

Perspektivwechsel sind by the way nicht nur bei Trauerprozessen wichtig, sondern in allen Lebenzusammenhängen, die unentwirrbar verworren zu sein scheinen. Wir denken an den gordischen Knoten. Wie hat der König und Feldherr Alexander der Große das Problem des Knotens gelöst? Er hat sich gar nicht an die Lösung der Verworrenheiten, die Verstrickungen gemacht, sondern einfach mit einem extrem scharfen Schwert den gordischen Knoten durchschlagen. Auch ein super luzider Gedankengang und Perspektivwechsel. In der TV Serie Raumschiff-Enterprise steht Captain Kirk vor der Aufgabe im Flugsimulator eine schier ausweglose Situation zu meistern. Für die gibt es prima vista keine Lösung. Was macht er?  Er bringt durch eine Überforderung des Simulationsprogramms das Programm zu Absturz und gewinnt so die Tauglichkeitsprüfung. Im Jurastudium bestanden die Klausuren aus Sachverhalten, die durch zu prüfen waren. Ein bliebter Fehler war, die sogenannte Sachverhaltsquetsche anzuwenden, indem der Fall auf das rudimentäre Wissen zurechtgestutzt wird. Das wurde von den Profs und Assis als unlauteres Mittel gebrandmarkt und endete idR mit „Durchfallen“.  Was ich damit sagen möchte ist, dass man sich manchmal durch Perspektivwechsel absolute neue Wege und Denkmöglichkeiten eröffnen kann, aber man sollte auch die Grenzen kennen und nicht die Wirklichkeit zurechtbiegen, nur damit sie in das eigene Denkschema passt.

Das die Perspektive die Welt erscheinen läßt, wie das vorgeschraubte Objektiv es erscheinen läßt, ist eine Binsenwahrheit und dennoch sollte man es sich vergegenwärtigen, immerfort, ständiglich. Wer mit einem Superteleobjektiv fotografiert, vulgo die Welt wahrnimmt, wie wir sie aus der Pressefotografie kennen, der kann Ereigenisse, die in der Ferne liegen, ganz handgreiflich nahe heranholen. Was ihm verloren geht ist die Wahrnehmung des gesamten Umfeldes, m.a.W es ist eine sehr fragmentarische Ausschnitt-Betrachtung. Auf der anderen Seite ist derjenige, der immer mit einem Weitwinkelobjektiv durch die Welt rast zwar super orientiert über das Gesamtbild, sogar ein übersteigertes Gesamtbild, aber er hat keine Detailansicht. Die Details wahrzunehmen ist aber gerade Essenz des Lebens. Also sollten wir wechseln zwischen Fischaugenobjektiv, Normalbrennweite und Fernrohr.Objektiv-Garten

Insbesondere sollten wir die Perspektiven wechseln, einen menschlichen Spiegel befragen und einen Reflexionsabstand von unserem eigenem Leben gewinnen.

Dadurch können wir besser an der inneren Haltung arbeiten, indem wir unser Spiegelbild befragen, genauer unsere Freunde und Mitmenschen und so viel viel mehr über uns erfahren, als in der Selbstwahrnehmung, Selbstbespiegelung.

In dem schönsten Buch dieses Jahrhunderts hat Paul Mercier im “ Nachtzug nach Lissabon“ das Thema Perspektiv-Wechsel anhand einer Brille dargestellt. Der Altgriechisch Lehrer hat jahrzehntelang die gleiche, verstaubte Brille auf und sein Leben surrt immer mehr ein auf seinen kleinen Kosmos von Übersetzungen und dem Unterricht für die Schüler am Gymnasium in Bern. Doch plötzlich durchzuckt ihn ein Blitz, er wird motivert seinen Träumen nachzuspüren, setzt sich ein einen Nachtzug nach Lissabon und erspürt eine neue Welt. Anläßlich dieser Forschungsreise zerbricht seine altgediente Lebensbrille. Eine wunderschöne Metapher, denn durch die neue, sehr moderne Brille fühlt er sich zwar zunächst unwohl, aber merkt flugs und schnell: wohw  eine neue Lebensperspektive erwächst schlichtweg durch neue Augengläser. Also kommt jetzt schnell die Handlungsmaxime: Erkennt den Zeitpunkt eine neue Brille zu kaufen und wenn ihr das erspürt habt, tut es auch und das Lebensglück wird euch ständiglich begleiten. Anhand folgender Bilderstrecke erkennt man leicht, dass ein Wechsel des Winkels um nur wenige Millimeter zu einem gänzlich anderen Wahrnehmungsergebnis kommt.

Perspektive 2Perspektive 4Perspektive 3Perspektive 1

Im Rahmen der hochdifferenzierten, mehrdimensionalen Trauerbegleiterausbildung beim Institut für Trauerarbeit, Hamburg haben wir in unserem mittelalterlichen Tagungsort, in Bad Bevensen eines von Grund auf gelernt. Mit der richtigen Haltung Prozesse anzuschauen, nicht zu werten und den Menschen als ganzes zu sehen.

Die Haltung ist das schönste an der inneren Reinheit und Klarheit, denn innere Haltung ist auch gleichzeitig Tugend.

Auch in der Trauer ist eine Idee, einen Perspektivwechsel zum Denken und Fühlen in unser Innerstes zu bringen. Auch wenn es sich brutal anhört, so ist Wahrheit: Der Tod ist ein natürlicher, unumgänglicher, irreversibler Teil des Lebens.  Diese Wahrheit zu erkennen, auch für sich persönlich ist für viele Menschen in Trauer sehr schwierig, und dennoch Wegziel, Hüttenziel einer Alpendurchquerung.

 

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About the author

Giovanni

Giovanni ist studierter Jurist und Philosoph als Marketingleiter bei einem Mittelständler unterwegs, Geschäftsführer einer Agentur, ehrenamtlicher Sterbebegleiter, zertifizierter Trauerbegleiter, Beirat ITA Institut für Trauerarbeit, Mitgliedschaften: Marketing Club Hamburg, Büchergilde Hamburg, Förderverein Palliativstation UKE, ITA, Kaifu Lodge, Kaifu-Ritter