in einem ausführlichen und lesenswerten Bericht in Spektrum der Wissenschaft wird über die Definition des Verbrechens gegen die Menschlichkeit berichtet.
Ausgangslage bei Völkermord keine internationale Strafvorschrift
Als absolut heilig und in keiner Weise antastbar galt die
Souveränität der Staaten
seit dem Westfälischen Frieden von 1648. Spektrum schreibt: Folge: war, dass eine Regierung mit ihrem Volk tun konnte, was sie wollte.
Schon in den 20er Jahren entwickelte sich aber bei Juristen die Vorstellung, dass Massenmord innerhalb einer Gruppe eines Staates nicht straflos bleiben könne. Anlaß war die Ermordung von 1.5 Millionen Armeniern in der Türkei am Anfang des 20. Jahrhunderts, genauer 1915/16
So wurde die Rechtsfigur Verbrechen gegen die Menschlichkeit entwickelt.
crimes against humanity
Verbrechen gegen die Menschlichkeit tauchte in einer diplomatischen Note von 1915 von UK auf, die an die Türkische Regierung gerichtet wurde angesichts des Völkermordes an den Armeniern. Die Folge war : genau nichts.
Schon 1933 wurde die Rechtsfigur beim Völkerbund von dem Juristen Raphael Lemkin vorgelegt, aber nicht beschlossen.
Wirkmächtigkeit des Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Lichte der Nürnberger Prozesse
Handlungsnot bestand nach dem 2. Weltkrieg, weil die Siegermächte eine Rechtsgrundlage brauchten, um die Mörder an den Deutschen und Europäischen Juden zu verurteilen. Bei Juristen gilt der alte römische Rechtsgrundsatz sine lege, sine poena – keine Gesetz – keine Strafe. Heißt, man braucht für eine strafrechtlich relevante Verurteilung einen Strafrechtsparagraphen, der die Rechtsgrundlage schafft, um ein rechtsstaatliches Urteil fällen zu können. Blöder Weise hatten die Schergen und NAZI Juristen ein in sich stimmiges, inhärentes System geschaffen, nach denen sie de lege arte keine Verbrechen an den Juden begehen konnten, weil sie die Juden in ihren Gesetzen nicht mehr als Menschen definierten. Das machte den Ankläger-Juristen ein bisschen Not, weil sie die offenbaren Mordtaten natürlich nicht wegen formal-juristischer Kniffeleien straflos lassen konnten.
Die Juristische Brücke zu einer Verurteilung der NAZI Mörder an den Juden war das Natur-Recht. Unter Juristen ist hoch umstritten, ob es das Naturrecht überhaupt gibt, oder ob Recht, dass immer eine konventionale Festlegung von Normen ist, nicht eine kulturelle, willkürliche Errungenschaft ist, die vom Souverän des Staates festgelegt wird. Normenfestlegung ist eine Einigung auf Rechtsgüter und deren Schutz. Der Gefahrübergang im BGB ist eine Festlegung, ebenso wie der Schutz der körperlichen Unversehrtheit und des Selbstbestimmungsrechts. Man kann aber schnell spüren, dass viele Rechtsgüter des Strafgesetzbuches in der heutigen Fassung in Deutschland eigentlich in der ganzen Welt gelten müssten. Der Massenmord in Armenien bleibt ein Massenmord, wie auch der Massenmord in Ruanda. Keiner hat sich getraut einzuschreiten, obwohl der Mordprozess schnell in die Weltsicht der Menschen gelangt ist. Hier weitere Ausführungen zum Massenmord in Ruanda, link.
Also gab es von den Siegermächten folgende Setzung: crimes against humanity ist ein unabdingbares, ewig geltendes Naturrecht, dass immer gilt, egal welche entgegenstehenden anderen Gesetze von den Nationalstaaten eine Tötung von Menschen erlaubt. Damit war eine belastbare Rechtsgrundlage geschaffen die NAZI Mörder zu verurteilen.
Eigentlich hätten die Siegermächte gar nicht diese Klimmzüge gebraucht, denn sie hätten auf der Rechtsgrundlage von Kriegsrecht urteilen können. Kriegsrecht hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun. Auf der anderen Seite fühlt es sich natürlich schön an, dass die Nürnberger Prozesse aufgrund von echten Gesetzen, dem Naturrecht, durchgeführt worden sind und so die Kriegsverbrecher einer gerechten Strafe zugeführt worden sind.
Geschachere um den Begrifflichkeit crimes against humanity
Wenn Du dich schlau lesen möchtest, wie in der UN um die Begrifflichkeiten des Verbrechens gegen die Menschlichkeit geschachert wurde, dann einfach diesem Link folgen. Wie vielleicht nicht viele Menschen wissen sind Diplomaten meistens Volljuristen. Und in der Verhandlungsvereinigung der Volljuristen der UN war allen am Tisch klar, dass man in der Definition nicht allzu offen sein dürfe, weil so viele Nationen nicht ganz sauber mit ihren Bewohnern umgegangen sind. Die USA mit den Indianern, die Russen mit den stalinistischen Massenmorden und Zwangsarbeitslagern.
Der Begriff Genozid
„Genozid«, das er aus dem griechischen Wort »genos« (Volk, Stamm, Rasse) und dem lateinischen »caedere« (töten, morden) zusammensetzte.“
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