Eine super spannende Diskussion ergab sich am 21.4.22 in alten Gebäude der STABI Hamburg um das Thema
Soll Kunst sich in die Niederungen der Tagespolitik begeben
Hier mein Spiegel an den Veranstalter, die Helmut Schmidt Stiftung, Hamburg
Ich möchte mich expressis verbis bedanken für die Veranstaltung. Dr Brosda denk-redet geschliffen und profund wie die Professoren der Philosophie, die ich auf dem Hamburger Campus vor über 20 Jahren hören durfte. Bisschen Habermas da, ein wenig Gedankenstrom von Hanna Ahrend dort.
Die Wort-Künstlerin und Autorin konnte gut mithalten und die beiden hätten auch gut noch weiter 2 Stunden weiter disputieren können im Sinne von Kleists „Über die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden“.
Soll Kunst sich entschlagen von Gegenwartspolitik? Noli me tangere
In der Kunstgeschichte gibt es das Diktum „noli me tangere“- ein Zitat aus der Bibel. Für mich steht dieser Gedanke für die Einzigartigkeit des Metaphysischen und gleichzeitig für einen hyperelitären Hybris-Gedanken von uns Menschenkindern.
Fraglich ist, ob Künstler als Teil der Diskurs-Welt in den „rühr mich nicht an“ Modus begeben dürfen, also sich der Tagespolitik entschlagen dürfen, wenn ihr Geltungsanspruch doch ist, dass sie mit der Kunst die Welt bewegen wollen und durch das affizieren der Betrachter deren Herz und mindset berühren und ändern wollen.
Diese Woche hatte ich über das Thema Elfenbeinturm-Entfernung der Deutschen Professorenschaften mit meinem Co-Working Mitkämpfer und Rechtsanwalt diskutiert.
Ich vertrat die Auffassung, dass die Professoren, von uns Steuerzahlern bezahlt, auch eine intellektuelle Bringe-Schuld an die ordinäre Lebens-Gemeinschaft haben, ihre Erkenntnisse in die Welt allgemeinverständlich zu tragen und eben nicht nur selbstreferentiell im Sinne von Niclas Luhmann, sich in ihrem System Kosmos der Scientific Community weltabzuschließen.
Gleiches sollte für heutige Künstler auch gelten, weil wie Hölderlin sich selbst turmabzuschließen ist bei Lichte betrachtet eine Rosinen-Pickerei und eine Ignoranz gegenüber den weltformenden Politiker-Kaste, die einen schweren Job haben und Impulse mit Außenperspektive brauchen könnten im Sinne eines dialektischen Neu-Denk-Diskurses.
Folgendes hat Dr Brosda auch fein ausgerollt: Politik neigt dazu eingeschlagene Wegungen, auch lange Jahre zurückliegende, immer straight-stringent weiter zu verfolgen, weil man sich an die damaligen Prämissen halten will, was gleichzeitig, spiegelgleich aber auch eine diskursmäßige Gefangenschaft und Einschränkung bedeutet.
Diskussionsräume sind keine Wahrheitsräume
Ernst nehmen sollte man auch die Werbung für die Gedankenfreiheit von Dr Brosda nehmen, der forderte, dass ein Diskurs-Raum, eo ipso kein apodiktischer Wahrheitsraum ist.
Nur so könne man zu weiterführenden Diskursen kommen.
Im Grundgesetz ist die Meinungsfreiheit in Art 5 GG manifestiert. Warum ist Meinung so angeschossen in der Werthaltung der Diskusgesellschaft ?
Wenn Meinung mehr tragfähiger würde, dann könnten Künstler sich vielleicht auch mehr auf das Ross begeben das Parlaments- Literat heißt, bzw. sich in die Niederungen der politischen Wertschöpfung begeben.
Vielleicht geht Kunst auch diesen non-disputiernden Weg im Sinne eines politischen Commitments, weil aus Marketinggründen natürlich dann die Käuferschaft restringiert werden könnte und die Verlage naturgegeben die möglichst größte Reichweite der Publikationen anstreben, um den Abverkauf zu erhöhen.
Helmut Schmidt als Macht-Politiker
Sehr gefallen hat mir auch ihre Reflektion-Distanz zu Helmut Schmidt. Dem Sinne nach merkten Sie an:
Vielleicht ging es ihm gar nicht um den Diskurs mit den Künstlern an sich, bzgl der Nicht-Einladung, sondern um die Außenwahrnehmung.
Ein guter Politiker muss auch intern seine Schafe hüten und zu sehr autonome Schafe mit Geltungsmacht-Anspruch mit seinem rhetorischen, maßregelnden Hüte-Hunden einfangen.
„mit Durchschlag an Wehner“. Dass die SPD auch in den 70er Jahren nicht homogen war, zeigte sich genau an der Stelle.
Ausstellung Helmut Schmidt in der Staatsbibliothek Hamburg
Die Ausstellung an sich war spannend. Am meisten gefallen haben mir die Plakate und die sorgsamst gebunden Tagebücher Aufzeichnung auf dem Sofa Tisch. Die Anzahl der Exponate hätte vielleicht größer sein können….