Weinen
Das Weinen ist ein Mittel seinen Gefühlen Ausdruck zu verschaffen. Kleine Kinder weinen relativ oft. Sie hoffen dadurch die Änderung ihrer Unzufriedenheitsgefühle zu erreichen. Ganz oft geht den Eltern das Herz auf, und sie versuchen zu helfen, den Wünschen der Kinder gerecht zu werden. Aber manchmal müssen sie hart bleiben, um ihr Erziehungsziel zu erreichen. Mit anderen Worten: Kinder bedienen sich manchmal auch dieses Stilmittels.
Bei Erwachsenen hat sich das Weinen leider völlig ausgebürgert. In der Anleitung zur aufrechten Trauer sprechen wir gerne von der gelebten Gefühlswelt. Deswegen sind Tränen jederzeit erlaubt und willkommen als Ausdruck des Gefühls von Schmerz, Trauer, Verlust, innerer Gebrochenheit. Ein Gefühl der Ohnmacht, der Wut und des Zorns auf die Gegebenheiten dieser Welt. Ob es der Tod eines Allernächsten, sprich Ehegatten ist, oder die Abweisung und Abfuhr, die Trennung aus einer Lebensgemeinschaft, oder die Aufgabe einer Fiktion.
Tränen sind Ausdruck des Herzschmerzes, auch bei gebrochenen Herzen oft zu orten und zu messen. Das Weinen an-sich ist ein kathartischer Prozess und auf jeden Fall unterstützenswert.
In den Trauergruppen ermuntern wir die Tränen zu weinen, die innerhalb des Prozesses dazu gehören. Warum Gesellschafts-Imperative dies zu hindern suchen, bleibt mir verborgen und schleierhaft.
Der in Deutschland weit bekannte Trauerbegleiter Canacais hat uns zurück gebracht zu unseren Gefühlen. Vorbild waren die Griechen und ihre elaborierte Klagekultur. Es gibt sogar bezahlte Klageweiber dort. Canacacis fordert in seinen Schriften und Seminaren sich deutlichst dem Ausformungen der Trauer und der Schmerzes zu widmen. Jede nicht geweinte Träne ist ein Verlust am eigenen inneren Selbst – der Reinheit seiner Gefühlswelt mit dem Außen. Das Außen soll das Innen vermittelt bekommen, damit die Energieströme von Innen und Außen kohärent sind.
Versteckte Trauer kann zu tiefliegenden Depressionen führen und bricht dann doch irgendwann wieder auf.
Woher der starke Gedanke der Selbstbeherrschung kommt in unserer Deutschen Gesellschaft ist mir kaum erklärbar. Wahrscheinlich über die von Kant eingeführte Pflichtenlogik, die im Preussischen Staat als Tugend ausgeformt wurde. Offensichtlich scheint diese falsche Konvention noch sehr verbreitet zu sein, insbesondere bei Männern. Auf einem Portal über den Abschied haben 50 Menschen darüber diskutiert, ob man in Trauer am Arbeitsplatz weinen dürfe. Ich denke ja, wenn dadurch die Arbeitsatmosphäre nicht nachhaltig gestört wird. Der Arzt und Gründer einer eigenen Klinikwelt Dr Galuska weist in einem Symposiumsworkshop über Resilienz nach, dass durch den sogenannten „Präsentismus“ viele Tausend Arbeitsstunden abgesessen werden, obwohl der Patient qua Trauer eigentlich arbeitsunfähig wäre und nur mit dem Körper bei der Arbeit anwesend ist. Bei der staatlichen Trauerhilfeeinrichtung Charon gibt es ein spannendes Projekt mit dem Titel „Trauer am Arbeitsplatz“. Das Projekt ist sowohl für Unternehmen gedacht, als auch für Privatkunden. Ansprechpartnerin ist Frau Schlichting.
Wenn Du dein Herz öffnest, so können im negativen Umfeld Tränen fließen und dann lasse ihnen den freien Lauf Deines innersten Gefühls. Weinen ist ein positives Prozeßmoment zur Trauerbewältigung und Lebensberatung für ein entspanntes und,on the long run, glückliches Leben. siehe auch „gebrochenes Herz“
Wir finden einen Gefühlspositivismus deutlich förderungswürdig.
Bildrechte Weinen pixabay CC cherylholt
Es gibt auch positives Weinen. Das Weinen vor Glück. Das können aber nur extrem sensible Menschen.